Ein innovativer Labortest könnte die Lösung für einen Teil der Männer mit ungewollter Kinderlosigkeit sein. Bei den Betroffenen sind zwar genügend bewegliche und gesunde Spermien vorhanden, aber aus einem ganz bestimmten Grund klappt es nicht mit der Befruchtung der Eizelle. „Schuld ist ein defekter Kalziumkanal in den Spermien, der aber notwendig ist, damit diese wortwörtlich den Turbo zünden und mit dem Kopf durch die Wand der Eizelle gehen können“, erklärte Dr. Christian Schiffer aus Münster während eines Intensivkurses der Deutschen Gesellschaft für Andrologie in Berlin.

Die Ursache der Unfruchtbarkeit liege in einem defekten Kalziumkanal namens CatSper, dessen Aktivität normalerweise dafür sorgt, dass die Spermien schneller und energischer schwimmen und sich auf diese Weise durch die Eizellhülle bewegen können. Die Spermien durchbrechen die Hülle und ein einzelnes Spermium verschmilzt schließlich mit der Eizelle und befruchtet diese. Bei Männern, bei denen der Kalziumkanal CatSper defekt ist, klappt dieser Turbo bei den Spermien nicht mehr und es kommt in der Folge zu keiner erfolgreichen Befruchtung – trotz völlig normaler Spermienzahl.

Der neuartige Test, von Schiffer und seinem Team am Universitätsklinikum Münster entwickelt, erkennt CatSper-Defekte direkt in der Arztpraxis. Der Test erfordert lediglich eine sehr geringe Menge Ejakulat – ca. 20 Mikroliter –, die in eine spezielle Pufferlösung gegeben wird. „Ist der Kalziumkanal beeinträchtigt, werden die Spermien im Puffer weiter schwimmen, während ein intakter CatSper-Kanal die Spermien im Test unbeweglich macht“, so Schiffer über das simple Testprinzip.

Die frühzeitige Diagnose könnte betroffenen Männern langwierige und kostspielige Versuche mit verschiedentlich wiederholten Kinderwunschbehandlungen ersparen. Bei einem positiven Testergebnis gibt es nur noch die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung mithilfe der sogenannten intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI), um den Kinderwunsch erfüllen zu können. Dabei wird eine einzelne Samenzelle direkt in die Eizelle injiziert. Andere Methoden der künstlichen Befruchtung wie die Samenübertragung in die Gebärmutter (Intrauterine Insemination) oder die Befruchtung im Reagenzglas (In-vitro-Fertilisation) scheiden aufgrund des Defektes an den Spermien aus. Der Test verhindert somit auch zusätzliche Frustration und unnötige Kosten für die betroffenen Paare.

„Der CatSper-Test ist für Arztpraxen kommerziell erhältlich und kostet rund 50 €. Er wird in nahezu jeder großen deutschen Stadt in mindestens einer Einrichtung eingesetzt, sodass Patienten mit ungewollter Kinderlosigkeit ihren Urologen beziehungsweise Andrologen darauf ansprechen sollten“, erklärt Schiffer zum Abschluss.

Sie möchten gern mehr zum Thema Kinderwunsch erfahren, dann lesen Sie doch ganz einfach unter folgendem Link hier auf den Seiten der Urologischen Stiftung Gesundheit weiter: https://urologische-stiftung-gesundheit.de/unerfuellter-kinderwunsch-in-der-haelfte-der-faelle-liegt-die-ursache-beim-mann/. Dort finden Sie zudem weiterführende Informationen zu Andrologischen Erkrankungen und einen Link zu unserem Patientenratgeber „Infertilität“.

Originalpublikation: Young S et al., Unexplained infertility is frequently caused by defective CatSper function preventing sperm from penetrating the egg coat. 2023 [Preprint]. https://doi.org/10.1101/2023.03.23.23286813