Was Sie wissen sollten
Die gutartige Prostatavergrößerung – eine der häufigsten Erkrankungen des Mannes – stellt eine Volkskrankheit mit entsprechenden sozioökonomischen Folgen dar. Die Häufigkeit dieser Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter. Im Durchschnitt sind einer von zwei Männern über 60 Jahren und 4 von 5 Männern über 80 Jahren von einer vergrößerten Prostata und damit einhergehenden Beschwerden beim Wasserlassen betroffen.
Häufige, auch nächtliche, Toilettengänge, ein plötzlich auftretender und sehr starker Harndrang mit möglicherweise ungewolltem Urinverlust oder ein schwacher Harnstrahl sind einige der möglichen Beschwerden und können den Alltag des Betroffenen deutlich einschränken.
Erfreulicherweise können in vielen Fällen Beschwerden schon mit einfachen Verhaltensmaßnahmen gebessert werden. Wenn dies nicht ausreicht, gibt es ein breites Spektrum sowohl an medikamentösen als auch an operativen Behandlungsmöglichkeiten. Ihr Urologe informiert Sie, nachdem er die Erkrankung festgestellt hat, gerne über die für Sie in Frage kommende Behandlungsoption!
Was ist die Prostata und welche Funktion hat sie?
Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist beim jungen Mann etwa kastaniengroß und gehört zu den männlichen Geschlechtsorganen. Sie liegt im Becken unterhalb der Harnblase und vor dem Enddarm. Durch die Prostata hindurch zieht die Harnröhre, die den Urin von der Blase aus dem Körper leitet. In der Prostata kommen die Samenleiter, die die Spermien aus den Hoden heraustransportieren, und die Ausführungsgänge der Bläschendrüsen (Samenblasen), die hinter der Prostata liegen und ebenfalls ein Sekret für das Ejakulat bilden, zusammen. Die Prostata kann in insgesamt 5 verschiedene Bereiche unterteilt werden. Eine davon ist die sog. Transitionszone, die jeweils rechts und links der Harnröhre lokalisiert ist und ca. 5 % des Prostatagewebes bildet. Bei einer gutartigen Prostatavergrößerung ist das Volumen dieser Zone vergrößert. Die sog. periphere Zone bildet den hinteren, seitlichen und unteren Bereich der Prostata und macht ca. 70 % der Prostatamasse aus. Hier entsteht ein Großteil der bösartigen Prostatatumore. Die Prostata ist ein gut durchblutetes Organ und in ihrer Umgebung befinden sich viele Nerven.
Die Prostata ist eine Drüse und produziert ein Sekret, das die Beweglichkeit der Spermien und damit die Zeugungsfähigkeit des Mannes sichert. Beim Samenerguss wird das Sekret stoßweise in die Ausführungsgänge abgegeben und verlässt zusammen mit dem Sekret der Samenblasen und den Spermien durch die Harnröhre den Körper. Das Prostatasekret stellt ca. 30 % des Ejakulatvolumens dar. Das Sekret enthält ein Protein namens „Prostata-spezifisches Antigen“ (PSA), das für die Verflüssigung des Prostatasekrets zuständig ist. Das PSA ist auch im Blut nachweisbar und u.a. von großer Bedeutung bei der Prostatakrebsvorsorge.
Was genau ist eine gutartige Prostatavergrößerung?
Mit zunehmendem Alter wächst bei Männern die Prostata, und zwar vermehrt sich das Volumen der sog. Transitionszone rechts und links der Harnröhre. Dies geschieht mit einer individuellen Geschwindigkeit und geht mit einer unterschiedlichen Ausprägung der Beschwerden einher. Eine sehr große Prostata muss hierbei z.B. nicht immer auch starke Beschwerden auslösen. Die vergrößerte Transitionszone kann dann die Harnröhre einengen, die durch die Prostata zieht und den Urin aus der Blase herausleitet.
In der Medizin gibt es verschiedene Fachbegriffe, die im Zusammenhang mit dieser Erkrankung verwendet werden: Eine gutartige Prostatavergrößerung wird auch „Prostataadenom“ genannt. Das Wort „Prostatahyperplasie“ beschreibt die rein feingewebliche Veränderung, die bei einer Prostatavergrößerung unter dem Mikroskop erkennbar ist.
Wenn eine Prostatavergrößerung zu Beschwerden, z.B. häufigem nächtlichen Wasserlassen oder einem abgeschwächtem Harnstrahl, führt, nennt man dies benignes Prostatasyndrom (BPS). Benigne bedeutet gutartig. Die Prostata ist also nicht aufgrund eines Tumors vergrößert.
Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es für eine gutartige Prostatavergrößerung?
Im Laufe des Lebens eines Mannes kommt es durch den Einfluss der männlichen Geschlechtshormone Testosteron und Dihydrotestosteron zu einer vermehrten Teilung der Zellen in der Prostata. Dies wiederum führt zu einer Volumenzunahme des Organs, besonders im Bereich der Transitionszone nahe der Harnröhre.
Als Risikofaktor ist neben dem Lebensalter auch das sog. Metabolische Syndrom zu nennen. Hierbei leidet der Patient unter einer Kombination aus Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und veränderten Blutfettwerten. Patienten mit einer Schilddrüsenfehlfunktion oder einer Atemstörung während des Schlafs- dem sog. obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom – haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an einem BPS zu erkranken.
Welche Beschwerden können auftreten?
Die Vergrößerung der Prostata kann zu Beschwerden beim Wasserlassen führen, da durch die Volumenzunahme die Harnröhre eingeengt wird und ein Abflusshindernis darstellt. Erste Beschwerden bei der Entleerung der Blase treten meist im fünften Lebensjahrzent auf.
Sie können in zwei Gruppen eingeteilt werden: Störungen der Speicherfähigkeit der Blase und Entleerungsstörungen.
Zu den Speicherstörungen zählen eine erhöhte Frequenz an Toilettengängen mit kleineren Urinportionen als üblich, häufiges nächtliches Wasserlassen, vermehrter Harndrang mit möglicherweise ungewolltem Urinverlust.
Unter Entleerungsstörungen versteht man u.a. einen abgeschwächten, ggf. unterbrochenen Harnstrahl, Nachtröpfeln, die Unterstützung der Blasenentleerung durch das Drücken des Bauches, Resturin in der Blase mit einem Gefühl der unvollständigen Entleerung. Das Wasserlassen beansprucht mehr Zeit als üblich und in manchen Fällen ist es auch schmerzhaft.
Speicher- und Entleerungsstörungen gemeinsam werden unter dem häufig verwendeten Begriff „LUTS“ zusammengefasst. „LUTS“ steht für Lower Urinary Tract Symptoms bzw. „Symptome des unteren Harntrakts”.
In der Folge kann es durch den Resturin zu Blasenentzündungen oder anderen Entzündungen im Harntrakt bzw. zu Blasensteinen kommen. Ist überhaupt kein Wasserlassen mehr möglich, spricht man von einem akuten Harnverhalt. Hierbei füllt sich die Blase, ohne dass eine Entleerung möglich ist. Es kommt zu Schmerzen und es muss notfallmäßig ein Blasenkatheter eingelegt werden, um die Entleerung der Blase zu gewährleisten.
Manchmal kann der Urin auch blutig sein (siehe Blut im Urin), weil Blutgefäße der Prostata aufreißen.
Durch die vermehrte Arbeit, die die Blasenmuskulatur leisten muss, um die Blase trotz des Abflusshindernisses zu entleeren, kommt es zu einer Zunahme der Muskulatur und zu einer Blasenwandverdickung. Diese Strukturveränderungen können wiederum neue Beschwerden verursachen, z.B. das Entstehen einer Ausstülpung der Blasenwand, eines sog. Blasendivertikels, oder auch eine Nierenschädigung.
Die o.g. Beschwerden können die Lebensqualität in unterschiedlichem Maße einschränken. Zum Beispiel werden Aktivitäten nach dem Toilettengang ausgerichtet.
Die Ausprägung und die Entwicklung der Beschwerden kann sehr individuell sein. Prinzipiell ist das BPS eine fortschreitende Erkrankung. Jedoch geschieht dies häufig sehr langsam, mit möglicher zwischenzeitlicher Besserung oder phasenweisem Stillstand auf einem bestimmten Niveau. Ob eine zufriedenstellende Anpassung an die Krankheit gelingt oder ob die Beschwerden zu störend sind, zeigt sich häufig erst nach einiger Zeit.
Welche Untersuchungen sind notwendig?
Probleme beim Wasserlassen werden oft durch eine gutartige Prostatavergrößerung, in manchen Fällen aber auch durch andere Erkrankungen verursacht. Um die Ursache Ihrer Beschwerden herauszufinden, führt der Arzt mit Ihnen ein ausführliches Gespräch. Dabei sind Fragen z.B. über die Häufigkeit des Wasserlassens oder eine Medikamenteneinnahme von Relevanz. Eine vorherige Protokollierung Ihrer Beschwerden kann Ihnen und dem Arzt weiterhelfen. Im Weiteren können spezielle Fragebögen, z.B. der IPSS-Fragebogen (International Prostate Symptom Score), eingesetzt werden.
Zur Feststellung des BPS gehört eine körperliche Untersuchung inklusive Tasten der Prostata durch den Enddarm (DRU). Dies hilft dem Arzt, eine Vorstellung von der Größe und Beschaffenheit der Prostata zu bekommen.
Im Weiteren erfolgt eine Urinuntersuchung zum Ausschluss einer Blasen- bzw. Prostataentzündung. Sie können ähnliche Beschwerden wie eine gutartige Prostatavergrößerung hervorrufen.
Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung durch den Enddarm (TRUS) kann die Form und die Größe der Prostata bestimmt werden. Der Ultraschall durch die Bauchdecke dient dazu, die Blase näher zu untersuchen: Der Resturin nach dem Wasserlassen wird bestimmt (normal <50 ml). In zwei großen Studien wurde festgestellt, dass sich bei Patienten mit hohen Resturinmengen die Beschwerden, durch ein BPS verursacht, deutlich schneller verschlechtern. Im Weiteren kann die Wanddicke der Blase überprüft werden. Ebenso wird eine Untersuchung der Nieren durchgeführt, um einen Harnstau auszuschließen.
Durch eine Untersuchung des Blutes kann der PSA-Wert bestimmt werden. Die Einordnung dieses Wertes ist komplex und bedarf der Expertise eines Urologen. Mithilfe des Wertes wird überprüft, ob ein Prostatakrebs die Ursache der Beschwerden ist. Ein erhöhter Wert kann auf einen Prostatakrebs hindeuten, es gibt jedoch auch andere Gründe, warum er verändert sein kann. Hierzu zählen z.B. eine Entzündung der Prostata oder auch eine gutartige Prostatavergrößerung. Der Arzt klärt Sie in einem Gespräch über die Bedeutung des PSA-Werts sowie Vor- und Nachteile auf.
Hier finden Sie weitergehende Informationen über den PSA-Wert: Patientenbroschüre „PSA-Test: Bedeutung bei der Früherkennung von Prostatakrebs“
Aufschluss darüber, ob ein BPS vorliegt, gibt auch die Harnstrahlmessung, die sog. Uroflowmetrie. Hierzu wird der Patient gebeten, auf der Toilette durch einen speziellen Auffangtrichter zu urinieren. Gemessen wird hierbei die Urinmenge in Millilitern, die Flussrate in Millilitern pro Sekunde und die Dauer des Wasserlassens in Sekunden. Die Untersuchung ist aussagekräftig, wenn der Patient mindestens 150 ml Urin lässt. Eine maximale Flussrate von < 10 ml/s ist krankhaft. Das Ergebnis der Untersuchung wird mithilfe einer computerbasierten Vorrichtung unter dem Trichter grafisch mit einer Kurve dargestellt. Normalerweise hat die dargestellte Kurve eine Glockenform.
Weitere Informationen über die Harnstrahlmessung finden Sie im Patientenratgeber „Harnflussmessung“.
Je nach Beschwerden des Patienten können weitere, auch invasive, Untersuchungen (z.B. eine Blasenspiegelung) erforderlich sein. Hierüber werden Sie dann von Ihrem behandelnden Urologen informiert.
Welche Behandlungsoptionen gibt es?
Es gibt ein breites Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten: In Abhängigkeit von den Beschwerden und Komplikationen, den Untersuchungsbefunden und den Patienteneigenschaften reicht dies von regelmäßigen Kontrollen, einer pflanzlichen oder medikamentösen Behandlung bis hin zu einer Operation.
Bei leichten und wenig einschränkenden Problemen kann ein Zuwarten und Kontrollieren („Watchful Waiting“) der Beschwerden angeraten werden. Bestimmte Verhaltensmaßnahmen helfen, die Beschwerden zu lindern bzw. das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen:
- Reduktion bzw. Meiden von Koffein und Alkohol (besonders am Abend, um die nächtlichen Toilettengänge zu reduzieren)
- Verteilung der Flüssigkeitsaufnahme gleichmäßig über den Tag bis zum frühen Abend und Reduzierung der Trinkmenge am Abend, ggf. auch Reduzierung vor Verlassen des Hauses
- Blasenentleerung vor dem Zubettgehen
- Blasenentleerung in entspannter Atmosphäre; nach erster Entleerung warten, ob ggf. kurz danach ein erneutes Wasserlassen notwendig ist („zweizeitige Entleerung“)
- Überprüfen und ggf. Anpassen der regelmäßig eingenommenen Medikamente (vor allem Wassertabletten, sog. Diuretika)
- Methoden zur Ablenkung und Entspannung
- Behandlung von Verstopfung
- Regelmäßige Kontrollen der Symptomatik
Bei leichten bis mäßigen Beschwerden ist eine Behandlung mit einem pflanzlichen Präparat (Phytotherapie) eine Option. Sie werden von den Patienten häufig als nebenwirkungsärmer eingeschätzt, sind frei verkäuflich in den Apotheken und werden stark beworben. Jedoch ist die Wirksamkeit oft nicht ausreichend nachgewiesen. Daher geben die Deutsche Gesellschaft für Urologie und die europäische Leitlinie auch keine eindeutige Empfehlung zum Einsatz von Medikamenten auf pflanzlicher Basis für das BPS. Von den meisten gesetzlichen Krankenkassen werden die Kosten für eine Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln nicht übernommen.
Bei einer bereits bei Erstvorstellung bestehenden höheren Beschwerdelast oder einer unzureichenden Besserung unter zuwartendem Verhalten bzw. einer Phytotherapie wird eine medikamentöse Behandlung angewandt. Hierzu stehen je nach vorherrschenden Beschwerden unterschiedliche Präparate zur Verfügung: Alpha-Blocker, 5-Alpha-Reduktasehemmer, PDE5-Hemmer oder sog. Antimuskarinika. In der Regel werden diese als Dauertherapie eingesetzt. Ihr Einsatz kann gegebenenfalls zu Nebenwirkungen führen, weswegen vor der Verschreibung durch den Arzt ein aufklärendes Gespräch stattfindet. Wenn die Entleerungsstörungen überwiegen, können Alpha-Blocker, 5-Alpha-Reduktasehemmer und PDE-5-Hemmer eingesetzt werden.
Alpha-Blocker: Alpha-Blocker (z.B. Tamsulosin) werden eingesetzt, wenn vorrangig die Entleerung der Blase erschwert ist, wenn also z.B. ein abgeschwächter Harnstrahl oder ein Nachtröpfeln vorliegt. Sie bewirken hauptsächlich eine Entspannung von glatter Muskulatur im Bereich des Blaseneingangs und der Prostata, so dass der Harnabfluss aus der Blase wieder besser möglich ist. In der Harnstrahlmessung zeigt sich dies durch eine Zunahme der maximalen Flussrate. Die Besserung der Beschwerden tritt innerhalb weniger Tage ein. Einige Medikamente aus der Gruppe der Alpha-Blocker können jedoch den Blutdruck senken. Daher ist Vorsicht geboten, wenn bereits blutdrucksenkende Medikamente eingenommen werden.
5-Alpha-Reduktasehemmer: 5-Alpha-Reduktasehemmer (z.B. Finasterid) werden bei moderaten bis schweren Beschwerden eingesetzt. Durch das Medikament wird die Umwandlung des im Hoden gebildeten Testosterons zu Dihydrotestosteron gebremst. Normalerweise bewirkt dieses biologisch aktive Hormon ein Wachstum der Prostata. Durch die Hemmung der Umwandlung jedoch kommt es zu einem Zelltod in der Prostata. In der Folge nimmt die Prostatagröße und auch der PSA-Wert ab. Das Medikament wird als Langzeittherapie eingesetzt, da die Wirkung und damit die Beschwerdelinderung erst nach Monaten eintritt. Bei Patienten mit einem Prostatavolumen > 40 ml hat der 5-Alpha-Reduktasehemmer eine besonders gute Wirkung. Er senkt das Risiko für einen akuten Harnverhalt, eine Komplikation der gutartigen Prostatavergrößerung, und die Wahrscheinlichkeit einer notwendigen operativen Behandlung. Nach ca. 6-12 Monaten Behandlung reduziert sich der PSA-Wert ungefähr auf 50 %. Diese Information ist von Relevanz, wenn der PSA-Wert zur Feststellung eines Prostatakrebses verwendet wird. An Nebenwirkungen können eine verringerte Lust auf Geschlechtsverkehr, Erektionsstörungen und Veränderungen beim Samenerguss auftreten. 1-2% der Patienten entwickeln eine gutartige Brustvergrößerung.
PDE-5-Hemmer: In Deutschland ist das Medikament Tadalafil aus der Gruppe der PDE-5-Hemmer für moderate bis schwere Beschwerden bei einer gutartigen Prostatavergrößerung zugelassen.
Tadalafil sorgt für eine Entspannung der glatten Muskulatur in der Prostata, der Harnröhre und im Blasenmuskel. Auf diese Weise verbessert es die durch die vergrößerte Prostata verursachten Beschwerden. Gleichzeitig bewirkt es eine Verbesserung der Erektionsfähigkeit, so dass das Medikament auch bei einem BPS mit Erektionsstörung eingesetzt werden kann. Das Präparat darf unter bestimmten Umständen nicht eingenommen werden: z.B. wenn der Patient vor kurzem einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hat oder wenn eine Medikation mit sog. Nitraten (Medikamente zur Erweiterung der Herzkranzgefäße) besteht. Hierüber wird der Urologe Sie entsprechend informieren.
Stehen Speicherstörungen wie z.B. sehr plötzlich auftretender, häufiger Harndrang und ungewollter Urinverlust im Vordergrund, helfen Antimuskarinika oder beta-3-Rezeptor – Agonisten weiter.
Antimuskarinika und beta-3-Rezeptor-Agonisten: Antimuskarinika (z.B. Oxybutynin) bremsen und verringern die Anspannung des Blasenmuskels. Beta-3-Rezeptor-Agonisten (z.B. Mirabegron) bewirken direkt eine Entspannung der Muskulatur. Auf diese Weise werden Beschwerden wie häufiges Wasserlassen, häufige nächtliche Toilettengänge sowie ein plötzlich auftretender Harndrang ohne oder mit ungewolltem Urinverlust gelindert. Durch die verringerte Aktivität des Blasenmuskels kann es vorkommen, dass die Blase nicht mehr vollständig entleert wird. Daher ist eine Kontrolle des Resturins nach dem Wasserlassen mittels Ultraschall sinnvoll. Häufig wird bereits parallel ein Alpha-Blocker zur Behandlung der Entleerungsstörung durch die vergrößerte Prostata eingesetzt. Wird die Menge des Resturins jedoch zu hoch, muss die Behandlung gestoppt werden.
Kombinationsbehandlungen: Alpha-Blocker und 5-Alpha-Reduktasehemmer können gemeinsam verabreicht werden. Die Kombination sorgt unter anderem für eine weitere Verbesserung der Beschwerden und der Geschwindigkeit des Harnstrahls als Kriterium für die Blasenentleerung. Auch 5-Alpha-Reduktasehemmer und PDE-5-Hemmer können kombiniert werden. Zudem kann zusätzlich – falls weiterhin Speicherstörungen bestehen – eine Behandlung mit Antimuskarinika oder beta-3-Rezeptor-Agonisten erfolgen. Prinzipiell ist zu beachten, dass es unter einer Kombinationsbehandlung vermehrt zu Nebenwirkungen kommen kann. Regelmäßige Kontrollen helfen, diese Nebenwirkungen zu erkennen und Ihnen als Patient ein gutes und sicheres Gefühl zu geben.
Wenn eine medikamentöse Behandlung keine ausreichende Beschwerdebesserung erzielt oder Komplikationen auftreten, ist ein operativer Eingriff der nächste Schritt. Hierbei wird Prostatagewebe entfernt, damit der Urin besser aus der Blase abfließen kann. Sowohl bei einer Prostatabehandlung durch die Harnröhre als auch bei einer offenen Schnittoperation durch die Bauchdecke wird nicht – wie bei einem Prostatakrebs – die ganze Prostata entfernt. In der Regel bleibt die Prostatakapsel an Ort und Stelle. Aus diesem Grund sollten Betroffene weiterhin zur Früherkennungsuntersuchung gehen, da in diesem Gewebe noch Prostatakrebs entstehen kann.
Es gibt eine Fülle an unterschiedlichen operativen Verfahren, die zum Ziel haben, die BPS-Beschwerden zu lindern und die Blasenentleerung zu verbessern. Ebenso soll das Auftreten von Komplikationen bzw. Nebenwirkungen der Operation vermieden werden. Beispiele für mögliche Komplikationen eines Eingriffs sind Vorfälle während oder kurz nach der Operation, z.B. eine Blutung. Ebenso zu nennen sind ein ungewollter Urinabgang, Brennen oder andere Beschwerden beim Wasserlassen für eine gewisse Zeit nach der Operation oder Erektionsstörungen. Es kann im weiteren Verlauf nach dem Eingriff zum Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv) oder zur Narbenbildung in der Harnröhre bzw. am Eingang zur Blase (Blasenhals) kommen, so dass die Blasenentleerung erneut erschwert ist. Bei manchen Patienten wird der Samenerguss „fehlgeleitet“, d.h. der Samenerguss gelangt – statt durch den Penis nach außen – zurück in die Harnblase und wird beim nächsten Wasserlassen mit entleert. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten Komplikation kann zwischen den verschiedenen Operationsverfahren variieren.
Das Standardverfahren, das seit Jahrzehnten erprobt und immer weiter optimiert worden ist, ist die Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P). An dieser Operationsmethode müssen sich neuere Verfahren bezüglich ihrer Effizienz und Patientensicherheit messen. Sie wird für kleine und mittlere Prostatavolumina bis ca. 80 ml eingesetzt. Diese Obergrenze kann je nach Erfahrung und Können des Operateurs etwas variieren. Bei der TUR-P wird unter Narkose ein Instrument durch die Harnröhre bis in die Prostata eingeführt. An der Instrumentenspitze sitzt eine elektrische, etwa halbkreisförmige Schlinge, die Bahn für Bahn durch das Prostatagewebe gezogen wird und auf diese Weise kleine Prostatastücke „abhobelt“. In der Fachsprache wird dies „resezieren“ oder „Resektion“ genannt. Die abgehobelten Prostatastücke werden dann ausgespült und dem Pathologen zur Untersuchung unter dem Mikroskop zugesandt. Am anderen Ende des Instruments wird eine Kamera aufgesetzt, so dass das Operationsfeld auf einem Bildschirm erscheint.
Man unterscheidet heutzutage eine „monopolare“ von einer „bipolaren“ TUR-P. Bei der monopolaren TUR-P fließt Strom von der Elektrode an der Instrumentenschlinge durch das Prostatagewebe zu einer zweiten Elektrode, die auf der Haut des Patienten klebt, z.B. auf dem Oberschenkel. Hierbei ist für die Operation eine spezielle, salzfreie Spülflüssigkeit notwendig. Diese Lösung kann, wenn bei der Operation Blutgefäße eröffnet werden bzw. die Prostatakapsel verletzt wird und sie in den Blutkreislauf einströmt, zu einer Komplikation führen, die man „TUR-Syndrom“ nennt. Bei dieser Komplikation hat der Patient zu viel Flüssigkeit, jedoch zu wenig Natrium im Blutkreislauf und entwickelt u.a. Übelkeit, Erbrechen und einen Bluthochdruck. Dieses Risiko ist bei der bipolaren TUR-P verringert, da eine Kochsalz-Lösung verwendet werden kann. Der Stromfluss ist hier nämlich örtlich begrenzt und reicht von der aktiven Elektrode der Schlinge zu einer weiteren Elektrode, die ganz in der Nähe am Instrument platziert ist. Die Ergebnisse bezüglich der Verbesserung der BPS-Beschwerden sind bei beiden Verfahren vergleichbar. Auch bezüglich der Erhaltung der Erektionsfähigkeit scheint es keine relevanten Unterschiede zu geben.
Die Standardoperation für eine Prostata mit einem größeren Volumen als 80 ml war lange Zeit eine offen-chirurgische Operation über einen Schnitt im Unterbauch. Hierbei wird mit dem Finger das Innere der Prostata herausgeschält und die Schale bzw. die Kapsel bleibt bestehen. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass zeitgleich eine weitere Erkrankung, z.B. ein Blasenstein, behandelt werden kann. Dieses Verfahren wird jedoch zunehmend selten eingesetzt, da aufgrund der vermehrt durchgeführten Früherkennungsuntersuchungen so große Prostatae nur noch selten vorkommen. Außerdem gibt es neue Behandlungsalternativen mit einem Zugang durch die Harnröhre, die weniger eindringend bzw. invasiv sind.
Hierbei handelt es sich um Laserverfahren, bei denen Instrumente mit Laserfasern statt mit elektrischer Schlinge eingesetzt werden. Es gibt unterschiedliche Lasergeräte mit unterschiedlichen technischen Parametern von verschiedenen Herstellern. Beispiele sind der Holmium – oder der Thuliumlaser. Mit dem bis in die Prostata eingeführten Instrument mit Laserfaser kann das Gewebe der Drüse entweder abgeschnitten (reseziert), verkocht (koaguliert) oder verdampft (vaporisiert) werden. Es können sogar große Stücke des Gewebes herausgeschnitten werden. Diese werden dann in der Blase mit einem speziellen Instrument zerkleinert und anschließend ausgespült. Die Laserverfahren stellen eine weitere Behandlungsoption neben der TUR-P dar. Einige Verfahren können sogar alternativ zur offen-chirurgischen Operation bei großen Prostatavolumina oder bei Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, eingesetzt werden.
Die Lasermethoden werden noch nicht so lange durchgeführt wie die TUR-P oder die offene-chirurgische Behandlung. Daher ist die Studienlage bezüglich Langzeitdaten im Vergleich zwar noch nicht so gut, jedoch zeichnet sich ab, dass bestimmte Laserverfahren auch langfristig zu vergleichbaren Ergebnissen bei weniger Nebenwirkungen führen: Sie bieten im Vergleich zur TUR-P und zur offen-chirurgischen Operation ein niedrigeres Blutungsrisiko und ein geringeres Risiko, sich aufgrund einer Komplikation einer erneuten Operation unterziehen zu müssen.
In den letzten Jahren wurden neuere technologische Entwicklungen zur Behandlung des BPS auf den Markt gebracht. Das Ziel ist eine effiziente und sichere Behandlung mit möglichst lokaler Betäubung, einer schnellen Erholung und dem Bewahren der Sexualfunktion. Zum aktuellen Zeitpunkt findet kein flächendeckender Einsatz statt. Die Verfahren führen in der Regel nicht – wie die oben beschriebenen Methoden – zu einer dauerhaften Verkleinerung der Transitionszone der Prostata. Unterschieden werden ablative und nicht-ablative Techniken. „Ablativ“ bedeutet „Gewebe abtragend“.
- Ablative Techniken:
Wasserstrahlablation: Die Wasserstrahlablation – oder auch Aquablation genannt – ist die robotisch gesteuerte Entfernung von Prostatagewebe durch einen Hochdruckwasserstrahl. Hierbei werden Blutgefäße und Organkapsel geschont. Der Prozess wird mittels Ultraschall durch den Po (TRUS) überwacht. Manchmal ist im Anschluss eine Verödung von offenen Blutgefäßen durch die Harnröhre z.B. mittels Laser notwendig. Ein Vorteil der Methode ist, dass vor Ort keine Hitze entsteht und dadurch das Risiko für eine Narbenbildung reduziert wird. Das Verfahren kann Patienten mit einem Prostatavolumen zwischen 30 und 80 ml als Alternative zur TUR-P angeboten werden. Es scheint ähnlich effizient zu sein. Es liegen allerdings noch keine Langzeitdaten vor.
Prostataembolisation: Die Blutgefäße, die die Prostata mit sauerstoffhaltigem Blut versorgen, werden von einem Radiologen unter Einsatz eines sehr kleinen Katheters, der unter Röntgenkontrolle bis zu diesen Gefäßen vorgeschoben wird, mit einem speziellen Mittel verschlossen. Dadurch wird die Prostata unzureichend versorgt und schrumpft. Dieses Verfahren ist weniger effektiv bezüglich der Verbesserung der BPS-Symptome als die TUR-P und die Eingriffsdauer ist in der Regel etwas länger. Jedoch geht die Prostataembolisation mit weniger Blutverlust einher. Ebenso sind die vorübergehende Versorgung mit einem Blasenkatheter und der Aufenthalt im Krankenhaus kürzer. Dieses Verfahren kann Patienten angeboten werden, die einen minimal-invasiven Eingriff wünschen und bereit sind, Abstriche im Hinblick auf das Ergebnis hinnehmen.
- Nicht-ablative Techniken:
Prostatic Urethral Lift: Durch die Harnröhre werden mithilfe eines Instruments Implantate so in die Prostata eingebracht, dass sie das Gewebe auf beiden Seiten der Harnröhre zur Seite halten und so die Harnröhre wieder einen größeren Durchmesser hat. Der Urin aus der Blase kann besser abfließen. Dieses Verfahren ist bei einem Organvolumen bis 70 ml sinnvoll. Es ist weniger effizient als eine TUR-P, jedoch minimal-invasiv und hat nur selten Auswirkungen auf die Erektion und Ejakulation. Informationen über Langzeitauswirkungen liegen noch nicht vor.
Injektionen in die Prostata: Über ein Instrument, das durch die Harnröhre eingeführt wird, können Substanzen in die Prostata injiziert werden. Es gab und gibt Untersuchungen mit verschiedenen Substanzen, die ihre Wirkung auf unterschiedliche Weise entfalten. Ein Präparat namens NX-1207 z.B. hat in einer klinischen Studie Vorteile im Vergleich zu einer Plazebobehandlung bei Patienten mit einem BPS gezeigt. Es fehlen jedoch noch weitere Studien und Vergleiche mit den Standardbehandlungen, um hier eine klare Empfehlung geben zu können.
Wenn ein Patient in einem sehr fortgeschrittenen Alter ist und/oder viele weitere Erkrankungen hat, die eine Operation zu risikoreich werden lassen, kann auch eine dauerhafte Versorgung mit einem Blasenkatheter vereinbart werden. Der Katheter kann entweder durch die Harnröhre oder über die Bauchdecke eingelegt werden. Beide Optionen haben Vor- und Nachteile. In beiden Fällen muss der Katheter regelmäßig gewechselt werden.
Und im Alltag?
Das meist langsame Fortschreiten der Prostatabeschwerden über Jahre erleichtert es den Patienten, sich an die Veränderungen anzupassen. Nichtsdestotrotz ist es vielen unangenehm, offen über z.B. häufiges Wasserlassen, Nachtröpfeln oder andere Probleme, die mit einer vergrößerten Prostata einhergehen, zu sprechen. Dies können und sollten Sie aber unbedingt tun, z.B. mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin oder mit Ihrem Urologen/Ihrer Urologin. So lassen sich besser Lösungen für die Anpassung im Alltag finden. Und wie Sie ganz am Anfang des Textes gelesen haben: Sie sind bei Weitem nicht allein!
Weitere Informationen zum Thema bietet Ihnen die Broschüre „Was tun, wenn die Prostata wächst?“