Viele Männer kennen das Problem: Sie müssen nachts mehrfach aufstehen, um Wasser zu lassen. Dieses Phänomen nennt die Medizin Nykturie. Gemeint ist damit ein häufiger nächtlicher Harndrang, der den Schlaf unterbricht und langfristig die Lebensqualität beeinträchtigen kann. Häufig betroffen sind auch Männer, die eine Prostatakrebs-Behandlung hinter sich haben. Mehr als die Hälfte von ihnen leidet nach der Therapie unter Nykturie.
Die Ursachen für Nykturie bei Prostatakrebs-Überlebenden sind vielfältig: Operationen und Bestrahlung können die Blasenfunktion stören. Viele Betroffene fühlen sich dann tagsüber erschöpft und leiden unter Konzentrationsproblemen. Auch das Sturzrisiko steigt, wenn Männer nachts im Halbschlaf immer wieder aufstehen müssen.
Zwar gibt es Medikamente wie Desmopressin oder sogenannte α-Blocker, welche die Symptome lindern können – doch sie haben häufig unangenehme Nebenwirkungen wie Kreislaufprobleme oder Wassereinlagerungen. Wirksame alternative Behandlungsmethoden werden daher dringend gesucht.
Akupunktur als neue Therapieoption bei Nykturie
Hoffnung schürt derzeit eine neue Studie aus den USA, die andeutet, dass Akupunktur wirksam gegen Nykturie helfen kann – und das offenbar ganz ohne schwere Nebenwirkungen. Die Wissenschaftler des renommierten Memorial Sloan Kettering Cancer Centers in New York haben untersucht, ob Akupunktur die Häufigkeit nächtlicher Toilettengänge bei Männern mit Prostatakrebs-Vorgeschichte senken kann.
So lief die Studie ab
Insgesamt nahmen 60 Männer an dieser Studie teil. Alle hatten zuvor Prostatakrebs und mussten mindestens zweimal oder öfter pro Nacht zur Toilette. Die Teilnehmer wurden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt:
- 40 Männer erhielten über zehn Wochen eine Akupunkturbehandlung,
- 20 Männer kamen auf eine Warteliste und erhielten zunächst keine zusätzliche Therapie.
Die Akupunktur orientierte sich vor allem an traditionellen chinesischen Behandlungskonzepten für urologische Beschwerden. Die Forschenden verwendeten spezielle Akupunkturpunkte an Rücken, Beinen und Ohren. Zusätzlich wurde bei einigen Punkten eine milde elektrische Stimulation (sogenannte Elektroakupunktur) angewendet.
Deutliche Besserung der Nykturie-Symptome
Im Ergebnis zeigte sich, dass die Männer, welche eine Akupunktur-Behandlung erhielten, durchschnittlich 1,1 Mal weniger pro Nacht aufstehen mussten, um Wasser zu lassen. Auch einen Monat nach Abschluss der Behandlung hielt dieser Effekt noch an.
Besonders bemerkenswert war dabei, dass der sogenannte IPSS-Gesamtscore – ein Messwert für die Schwere von Blasenbeschwerden – sich in der Akupunkturgruppe um durchschnittlich 3,6 Punkte verbesserte – ein Wert, den die Ärztinnen und Ärzte als medizinisch relevant beurteilen.
Weniger Nebenwirkungen bei der Akupunktur-Behandlung
Auch in Sachen Verträglichkeit schnitt die Akupunktur gut ab. Die meisten Männer vertrugen die Behandlung ohne Probleme. Es gab nur wenige und milde Nebenwirkungen, wie etwa kurzfristigen Schwindel oder leichte Schlafstörungen.
Im Vergleich dazu seien aus Sicht der Studienautoren pharmakologische Behandlungen gegen Nykturie deutlich nebenwirkungsreicher. Deshalb könnte die Akupunktur gerade für Patienten, die keine Medikamente nehmen können oder wollen, zukünftig eine interessante Alternative sein.
Wie hilft Akupunktur bei Nykturie?
Die genaue Wirkungsweise der Akupunktur ist noch nicht vollständig geklärt. Jedoch legen erste Tierstudien und auch neurobiologische Untersuchungen nahe, dass die Akupunktur über das zentrale Nervensystem die Blasenfunktion positiv beeinflussen kann.
Fazit: Akupunktur als vielversprechender Ansatz bei Nykturie
Zusammenfassend erklären die Autoren, dass auch wenn es sich um eine erste Pilotstudie mit kleiner Teilnehmerzahl handelt, die Ergebnisse doch vielversprechend sind. Die Forschenden wollen nun größere und längerfristige Studien anstrengen, um die Wirksamkeit der Akupunktur bei Nykturie noch besser belegen zu können.
Für Männer mit Prostatakrebs-Vorgeschichte und belastender Nykturie könnte die Akupunktur aber schon jetzt eine gut verträgliche und nebenwirkungsarme Option sein – sich dahingehend mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin zu besprechen, sei deshalb ratsam.
Weiterführende Informationen
Harnentleerungsstörungen können aber ebenso auf andere Prostataveränderungen und Harnwegserkrankungen zurückgehen. Einen guten Überblick beispielsweise zur gutartigen Prostatavergrößerung und deren Auswirkungen auf das Wasserlassen erhalten Sie hier auf den Seiten der Urologischen Stiftung Gesundheit:
- Ursachen für häufiges Wasserlassen?
- Besser leben mit Prostatabeschwerden
- Gutartige Prostatavergrößerung – Was Sie wissen sollten
Quelle
Liou KT et al., Acupuncture for Nocturia in Survivors of Prostate Cancer: The NOCTURNAL Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol 2025. doi:10.1001/jamaoncol.2025.1199
