In Deutschland ist die Nierentransplantation (umgangssprachlich: Nierenspende) für viele Patientinnen und Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz – also dem Versagen der Nierenfunktion – eine lebensverändernde Therapieoption, die zudem wieder ein eigenständiges Leben abseits der Dialysepflicht bedeutet. Allerdings übersteigt die Nachfrage nach Spendernieren das Angebot bei Weitem. Ende 2022 warteten über 6.700 Menschen hierzulande auf eine Spenderniere, während die Zahl der Nierentransplantationen auf knapp 2.000 sank. Auch Urologinnen und Urologen transplantieren Nieren. Ihre wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V., macht sich seit Jahren für die Einführung der Widerspruchsregelung stark, um dem Mangel an Organen entgegenzutreten und das Leiden auf der Wartliste zu verkürzen.

Zwei Wege zur neuen Niere: Organspende (nach dem Tod) und Lebendspende

Grundsätzlich gibt es zwei Wege, über die Patientinnen und Patienten in Deutschland eine neue Niere erhalten können:

  1. Postmortale Nierentransplantation (nach Warteliste): Die häufigste Form ist die Transplantation nach dem Tod eines Organspenders. Die Verteilung der Spenderorgane erfolgt über die europäische Vermittlungsstelle Eurotransplant anhand eines komplexen Punktesystems, das unter anderem Wartezeit, Dringlichkeit und medizinische Kompatibilität berücksichtigt. Diese Form des Organerhalts setzt jedoch voraus, dass Organe nach dem Hirntod gespendet werden – in Deutschland wird die Bereitschaft hierzu jedoch noch immer zu selten erklärt, was zur Knappheit an Spendernieren und anderen Organen beiträgt.
  2. Lebendnierenspende: Eine Alternative zur Organspende nach dem Tod ist die Transplantation einer Niere von einem lebenden Spender auf einen Organempfänger. Diese Art der Organspende ist in Deutschland für die Niere und – wesentlich seltener – für Teile der Leber erlaubt. Etwa ein Drittel der Nierentransplantationen erfolgt auf diesem Weg, ist dabei aber an besondere, gesetzlich streng definierte Voraussetzungen für Spender und Empfänger geknüpft, die im Weiteren näher erklärt werden sollen. Der große Vorteil der Lebendspende jedoch: Lebendorgane sind in der Regel besser erhalten, die Wartezeit entfällt, und die Transplantation kann planbar stattfinden.

Aktuelle gesetzliche Regelungen zur Lebendnierenspende

Die Lebendorganspende wird in Deutschland durch das Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Gemäß § 8 TPG ist die Entnahme von Organen bei lebenden Personen daher nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt:

  • Der Spender muss volljährig und einwilligungsfähig sein.
  • Eine umfassende ärztliche Aufklärung zur Spende, die bedingungslos freiwillige – heißt in diesem Zusammenhang auch unentgeltliche – Bereitschaft des Spendenden und eine dementsprechende schriftliche Einwilligung zur Spende sind erforderlich. Ganz wichtig: Die Lebendspende ist eine freiwillige Entscheidung des Spendenden und niemand kann zur Lebendspende verpflichtet werden.
  • Die Spende darf zudem nur zugunsten von Verwandten ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern, Verlobten oder anderen Personen erfolgen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen. (Gesetzestext: §8 TPG: https://www.gesetze-im-internet.de/tpg/__8.html)

Diese Regelungen sollen einerseits den Spender bzw. die Spenderin schützen und andererseits sicherstellen, dass deren Entscheidung freiwillig und wohlüberlegt getroffen wird.

Wie läuft eine Nierenlebendspende ab?

Die Nierenlebendspende ist sorgfältig strukturiert, um die Sicherheit und das Wohl sowohl des Spenders als auch des Empfängers zu gewährleisten. Alles beginnt mit einer umfassenden medizinischen und psychologischen Einschätzung des potenziellen Spenders. Dabei wird ärztlich überprüft, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ob eine anatomisch geeignete Niere als Spenderorgan vorliegt und ob die immunologische Verträglichkeit zwischen Spender und Empfänger gegeben ist – sonst drohen schwerwiegende Abstoßungsreaktionen bis hin zum Verlust des Organs durch den Empfänger. Ebenso könnte der Spendende bei unzureichender gesundheitlicher Eignung Gefahr laufen, nach der Nierenspende in der verbleibenden Niere selbst an Filtrationsleistung zu verlieren, sodass er oder sie selbst niereninsuffizient wird.

Parallel dazu finden intensive Aufklärungsgespräche mit dem potenziellen Spender oder der Spenderin statt, um sicherzustellen, dass die Spende freiwillig und ohne äußeren Druck erfolgt.

Die Transplantation wird schließlich in einem spezialisierten Transplantationszentrum durchgeführt. Das im Folgenden geschilderte operative Verfahren der Nierentransplantation unterscheidet sich unwesentlich davon, ob eine Niere nach dem Versterben des Organspenders oder die eines Lebendspenders transplantiert wird. Auf diese technischen Unterschiede wird hier jedoch nicht weiter eingegangen.

Die Entnahme der Spenderniere erfolgt minimalinvasiv oder offen chirurgisch. Der Spender bzw. die Spenderin bleibt im Regelfall fünf bis sieben Tage im Krankenhaus und wird anschließend engmaschig medizinisch und psychosozial nachbetreut. Dies hilft dabei, mögliche langfristige Folgen frühzeitig zu erkennen und ihnen fachgerecht begegnen zu können.

Im OP selbst wird die neue Niere meist in die rechte oder linke Beckengegend des Empfängers eingesetzt – d. h. nicht an die Stelle der körpereigenen, funktionslos gewordenen Nieren, da diese in der Regel im Körper verbleiben. Das Spenderorgan wird meist „gekreuzt“ eingesetzt werden, d. h. eine rechte Niere linksseitig und umgekehrt – damit die Blutgefäße für den Operateur optimal liegen. Zuerst wird die Vene der Spenderniere mit einer großen Beckenvene des Empfängers verbunden (= venöse Anastomose).

Nierenspende: Im OP selbst wird die neue Niere meist in die rechte oder linke Beckengegend des Empfängers eingesetzt – d. h. nicht an die Stelle der körpereigenen, funktionslos gewordenen Nieren, da diese in der Regel im Körper verbleiben.

Als Nächstes wird die Arterie der neuen Niere mit einer Beckenschlagader verbunden (= arterielle Anastomose). Abschließend wird der Harnleiter in die Blase eingenäht (= Ureteranastomose) und eine dünne Kunststoffschiene in den Harnleiter eingesetzt, die den Urinabfluss vorübergehend sichert. Nach einigen Tagen postoperativ wird der Blasenkatheter entfernt, die Schiene verbleibt in der Regel vier bis sechs Wochen und wird dann bei einer kurzen Blasenspiegelung gezogen.

In der unmittelbaren Phase nach der Operation bleibt der Empfänger zudem ein bis zwei Tage auf einer Überwachungsstation und wird dann auf eine Normalstation im Krankenhaus verlegt, bis sich die neue Niere zuverlässig selbst reguliert. In den ersten Tagen erhalten etwa 4 von 10 Empfängern weiter Dialyse, bis das Transplantat vollständig arbeitet. Parallel dazu beginnt eine lebenslange, individuell eingestellte, medikamentöse Immunsuppression. Diese verhindert, dass das Immunsystem das fremde Organ angreift und wird so dosiert, dass eine Organabstoßung möglichst vermieden wird und die Nebenwirkungen so gering wie möglich ausfallen. Für die Verabreichung der Immunsuppression ist in aller Regel ein Arzt verantwortlich, der die Facharztbezeichnung Nephrologe (besondere Form von Internisten) trägt.

Mit guter Nachsorge und regelmäßigen Kontrollen kann die neue Niere dann viele Jahre zuverlässig arbeiten und dem Patienten/der Patientin in dieser Zeit ein normales Leben ermöglichen – Lebendnierenspenden halten dabei durchschnittlich länger als postmortale Spendernieren.

Geplante Gesetzesnovelle zur Erweiterung der Lebendnierenspende

Angesichts des anhaltenden Mangels an Spenderorganen plante bereits die Ampel-Bundesregierung eine Novellierung des Transplantationsgesetzes. Ein zentraler Punkt ist hierbei die breite Einführung der sogenannten Überkreuz-Lebendspende: Zwei oder mehr Spender-Empfänger-Paare, bei denen Spender und Empfänger innerhalb eines Paares medizinisch inkompatibel sind, tauschen die Organspende untereinander, sofern die jeweiligen Spender zu den anderen Empfängern passen. Eine persönliche Beziehung zwischen den Spendern ist dabei somit keine zwingende Voraussetzung mehr.
Zudem werde geprüft, künftig auch anonyme – sogenannte altruistische – Spenden zu erlauben. Dabei handelt es sich um Spenden ohne bekannten Empfänger. Diese sollen ausschließlich über Transplantationszentren organisiert werden, um einerseits Missbrauch zu verhindern, andererseits aber auch, um geeignete Empfänger auf der Warteliste von Eurotransplant zu berücksichtigen.

Stärkung des Spenderschutzes

Neben der Erweiterung der Spendenmöglichkeiten liegt ein zentrales Augenmerk der geplanten Novellierung auf dem Schutz der Spender. Vorgesehen sind u. a.:

  • die Möglichkeit einer sogenannten Lebendspendebegleitperson (Dabei handelt es sich um eine Ärztin, einen Arzt, eine Pflegefachperson oder eine psychologisch erfahrene Person, die als unabhängige Begleitperson für Lebendspender eingesetzt werden, um diese von der Spenderbeurteilung bis zur Nachbehandlung zu unterstützen und unabhängig beraten.)
  • sowie ein Bonus im Transplantationssystem für Lebendspender, sollten sie selbst später einmal ein Organ benötigen.

Diese und weitere Maßnahmen sollen aber nicht nur die Sicherheit für die Spendenden erhöhen, sondern gleichzeitig auch das Vertrauen in das System stärken.

Reaktionen und Ausblick

Die geplante Reform stieß bislang bei Ärztekammern, Patientenorganisationen und Ethikräten auf breite Zustimmung. So begrüße etwa die Ärztekammer Nordrhein die angestoßene Gesetzes-Novelle ausdrücklich, da sie helfen könnte, mehr Leben zu retten, ohne den Schutz der Spendenden aufzugeben.

Aus dem Bundesgesundheitsministerium hieß es dazu: „Das Sterben auf der Warteliste muss ein Ende haben. Langfristig brauchen wir deshalb die Widerspruchslösung. Kurzfristig aber können wir mehr Organspenden ermöglich durch eine Ausweitung der Überkreuzspenden.“

Ob und wann die Neuregelung des Transplantationsgesetzes jedoch auch vom Bundestag verabschiedet werden wird, bleibt mit Stand April 2025 wann ist weiter abzuwarten. Klar ist nur: Ohne strukturelle Reformen wird sich der Organmangel in Deutschland nicht lösen lassen.

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) in Deutschland setzt sich zusätzlich in einem Positionspapier für die sogenannte Widerspruchslösung ein: Danach wäre jeder oder jede automatisch Organspender bzw. Organspenderin, sofern dem nicht aktiv selbst widersprochen wird.

Aktualitätshinweis

Im Falle gesetzlicher Änderungen wird die Urologische Stiftung Gesundheit (USG) diesen Artikel überarbeiten und an die dann gültige Rechtslage anpassen. Achten Sie also auf das hier angegebene Datum der letzten Überarbeitung des Beitrags: Version vom 24. April 2025.

Verwendete Quellen:

Arbeitsgemeinschaft der Nierentransplantationszentren Nordrhein-Westfalen „Kommentare der AG Niere NRW sowie assoziierten Transplantationszentren zum Referentenentwurf zur Novellierung der Regelung zur Lebendorganspende“ [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) „Der Ablauf einer Lebendorganspende“ [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) „Die Nierenlebendspende ist die am häufigsten durchgeführte Lebendorganspende“ [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) „Wartelistenführung und Vermittlung von Organen“ [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Bundesministerium für Gesundheit „Lauterbach: Überkreuzspende gibt Nierenkranken Hoffnung“ vom 17. Juli 2024 [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Bundesministerium für Gesundheit „Lebendorganspende-Reform“ [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Deutscher Bundestag: Gesundheit — Gesetzentwurf hib 688/2024 „Mehr Möglichkeiten für eine Lebendorganspende“ vom 11.10.2024 [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Koch M. Nierentransplantation: operative Verfahren. e.Medpedia vom 12.01.2024; Springer Medizin [zuletzt aufgerufen am 23.04.2025]
Transplantationsgesetz – TPG § 8 Entnahme von Organen und Geweben [zuletzt aufgerufen am 09.04.2025]
Universitätsmedizin Mannheim [zuletzt aufgerufen am 23.04.2025]

Bildquelle:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nierentransplantation#/media/Datei:Kidtransplant-de.png [NIH, gemeinfrei]