Mit seinem aktuellen Urteil entschied das Bundessozialgericht (BSG), dass geschlechtsangleichende Operationen für non-binäre Personen und auch für Transsexuelle nicht mehr zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchgeführt werden können. Transsexuelle Menschen identifizieren sich nicht mit dem ihnen bei Geburt zugeordneten Geschlecht. Die Geschlechtsidentität sei in diesen Fällen jedoch auf männlich oder weiblich beschränkt.

Im Gegensatz dazu lehnen non-binäre Personen die Welt aus nur zwei Geschlechtern ab. Sie empfinden sich weder als nur weiblich, noch als ausschließlich männlich. Darüber hinaus könne sich ihre Geschlechtsidentität immer wieder ändern. Dies nennt man dann „genderfluid“. Anders als Transsexuelle hatten non-binäre Personen auch vor diesem aktuellen Urteil keinen Zugang zu geschlechtsangleichenden Operationen auf Kosten der GKV. Die frühere Rechtsprechung beruhte dabei auf dem Argument, klar abgegrenzter Erscheinungsbilder von männlichem und weiblichem Geschlecht, was auf non-binäre Personen nicht anwendbar sei, hieß es dazu seitens des Bundessozialgerichts.

Im aktuellen Fall klagte eine non-binäre Person, die sich weder eindeutig als Frau noch als Mann identifiziert, auf die Übernahme der Kosten für eine Brustentfernung. Die Person wurde als Mädchen geboren, änderte jedoch ihren Vornamen und ließ als Geschlecht „ohne Angabe“ eintragen. Die Person beantragte die Operation, da sie aufgrund ihrer Brüste als Frau angesprochen würde und dies für sie leidvoll sei, hieß es zur Begründung. Die Kasse lehnte die Kostenerstattung mit der Begründung ab, dass unklar sei, ob die Operation den Leidensdruck tatsächlich verringern würde. Schließlich ließ die betroffene Person die Operation auf eigene Kosten vornehmen und klagte im Nachgang auf eine Erstattung von 5.305 Euro.

Das BSG wies die Klage ab und beendete damit gleichzeitig auch die bisherige Rechtsprechung zugunsten von Transsexuellen. Auch diese können somit eine geschlechtsangleichende Operation nicht mehr zulasten ihrer Krankenkasse abrechnen.

Das BSG stellte jedoch fest, dass neuere medizinische Leitlinien die Vielfalt aller Geschlechtsidentitäten, einschließlich der non-binären, berücksichtigten. Dies entspreche auch der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf das sogenannte dritte Geschlecht. Das BSG definierte geschlechtsangleichende Eingriffe bei Transsexuellen und non-binären Personen als „neue Behandlungsmethode“, für die eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) dringend erforderlich sei. Dieser sei allerdings seit mehr als einem Jahrzehnt in dieser Frage untätig geblieben.

Einziger Lichtblick nach diesem Urteil: Das BSG erkenne zumindest den Vertrauensschutz für bereits begonnene Operationen von Transsexuellen an, erklärte das Gericht abschließend.

Quelle: Bundessozialgericht, Az.: B 1 KR 16/22 R, ÄrzteZeitung vom 20.10.2023