
Häufigkeit von Harnblasenkrebs in Deutschland
Im Jahr 2020 (letzte Erhebung) erkrankten laut dem Robert-Koch-Institut (www.krebsdaten.de) etwa 12.470 Männer und 4.630 Frauen in Deutschland an Harnblasenkrebs. Männer tragen damit ein fast dreifach so hohes Risiko, an Harnblasenkrebs zu erkranken, wie Frauen.
Harnblasenkrebs belegt bei Männern Platz 5 auf der Häufigkeitsskala der Krebserkrankungen in Deutschland. Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt das durchschnittliche Alter bei Männern bei etwa 75 Jahren, während Frauen im Durchschnitt 77 Jahre alt sind. In den meisten Fällen wird der Harnblasenkrebs in frühen Stadien erkannt.
Entstehung von Harnblasenkrebs
Rauchen gilt weiterhin als der Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Harnblasenkrebs. Selbst Passivrauchen erhöht das Risiko erheblich. Nach Bronchialkrebs ist Harnblasenkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung bei Rauchern.
Zusätzlich sind Arbeitnehmer, die in bestimmten Industriezweigen tätig sind, wie z. B. in der Farbstoff-, chemischen und petrochemischen Industrie sowie in Teer verarbeitenden Betrieben, besonders gefährdet. Der Kontakt mit aromatischen Aminen und über 50 anderen chemischen Substanzen wird mit der Entstehung von Harnblasenkrebs in Verbindung gebracht.
Bei nachweislich beruflichem Kontakt mit entsprechenden Chemikalien und einer daraus resultierenden Erkrankung kann die jeweilige Berufsgenossenschaft diese als Berufskrankheit anerkennen. Wichtig ist, dass zwischen dem Kontakt mit krebserregenden Stoffen und dem Auftreten von Harnblasenkrebs mehrere Jahrzehnte vergehen können – in manchen Fällen bis zu 40 Jahre.
Weitere Risikofaktoren umfassen:
- Die frühere Einnahme von Phenacetin (einem Schmerzmittel, das heute nicht mehr auf dem Markt ist).
- Der Einsatz von Zytostatika im Rahmen vorheriger Krebstherapien.
- Strahlentherapien im Bereich der Blase und des Beckens.
In tropischen und subtropischen Ländern, wie beispielsweise Ägypten, kann Harnblasenkrebs als Spätfolge einer Infektion mit der Bilharziose auftreten. Diese Infektion wird durch einen im Süßwasser lebenden Parasiten verursacht, der durch die Haut in den menschlichen Körper eindringen kann. Die Erkrankung erhöht das Risiko einer Blasenkrebserkrankung.
Touristen, die betroffene Länder bereisen, können sich ebenfalls infizieren. Glücklicherweise steht eine effektive medikamentöse Behandlung der Parasiteninfektion zur Verfügung.
Krankheitszeichen: Frühwarnsignale erkennen
Harnblasenkrebs verursacht in frühen Stadien meist kaum Beschwerden. In acht von zehn Fällen ist das erste Symptom die Entdeckung von Blut im Urin (Hämaturie). Diese Blutspuren sind in der Regel schmerzlos, aber auch eine Dunkelfärbung des Urins kann auftreten. Zusätzlich können Symptome wie häufiger Harndrang (Pollakisurie) auftreten, oft jedoch mit nur geringen Urinmengen.
Wichtig: Solche Symptome können auf eine bösartige Erkrankung der Harnblase hinweisen, aber auch auf andere Erkrankungen des Harn- und Nierensystems, wie z. B. eine bakterielle Harnwegsinfektion.
Eine eindeutige Klärung der Symptome ist nur durch einen Urologenbesuch möglich. Der Urologe kann entsprechende Untersuchungen durchführen und die Diagnose absichern.
Untersuchung und Diagnostik von Harnblasenkrebs
Die grundlegenden Untersuchungen bei Blut im Urin können ambulant beim Urologen erfolgen. Zu den wesentlichen Bestandteilen gehören:
- Urinuntersuchung
- Ultraschalluntersuchung
- Blasenspiegelung
- Röntgenuntersuchung der Nieren und Harnleiter
Ergänzend kann eine Zelluntersuchung des Urins (Urinzytologie) durchgeführt werden.
Bei einem auffälligen Befund in der Harnblase wird der Urologe eine Gewebeprobeentnahme und gegebenenfalls die operative Entfernung der Geschwulst empfehlen.
Dieser Eingriff, der als transurethrale Blasentumorresektion (TUR-BT) bezeichnet wird, erfolgt in einer urologischen Klinik und unter Narkose (Vollnarkose oder Spinalanästhesie). Die Operation dauert in der Regel zwischen 20 und 60 Minuten und erfordert einen Krankenhausaufenthalt von 2 bis 4 Tagen.
Spezielle Techniken für schwer erkennbare Tumore
Um schwer erkennbare Harnblasentumore besser sichtbar zu machen, kann ein spezielles Färbemittel wie Hexaminolävulinsäure (Hexvix®) eingesetzt werden. Dieses Mittel wird etwa eine Stunde vor der Operation über einen Katheter in die Blase eingebracht. Mithilfe von speziellem blauen Licht lassen sich dann tumortragende Bereiche durch eine rötliche Fluoreszenz identifizieren. Auf diese Weise können Proben gezielter entnommen und Tumore vollständiger entfernt werden.
Ergebnisse und weitere Schritte
Nach der Untersuchung der entnommenen Gewebeproben durch einen Pathologen wird das weitere Vorgehen individuell mit dem Patienten besprochen. Dieses hängt vom pathologischen Ergebnis, dem Befund während der Operation und eventuell durchgeführten bildgebenden Verfahren (z. B. Röntgen, CT) ab.
Tumormarker im Blut, wie sie bei Hoden- oder Prostatakrebs verwendet werden, sind für die Diagnose von Harnblasenkrebs nicht verfügbar.
Möglichkeiten der Früherkennung
Zur Früherkennung von Harnblasenkrebs stehen spezielle Urinuntersuchungen zur Verfügung, darunter:
- Stäbchentests
- Mikroskopische Urinuntersuchung
- Urinzytologie
Protein-Biomarker im Urin werden weiterhin erforscht. Die Urindiagnostik ermöglicht es dem Urologen, eine Infektion der Harnwege oder verstecktes Blut im Urin zu erkennen. Ein direkter Hinweis auf einen Tumor lässt sich hierdurch jedoch nicht erbringen.
Ein positiver Schnelltest (z. B. NMP22-Test) kann einen Hinweis auf Harnblasenkrebs liefern, aber auch zu einem „falsch positiven“ Ergebnis führen. Dies kann Unsicherheit beim Patienten hervorrufen und weitere Untersuchungen notwendig machen.
Wichtig: Ein Schnelltest ersetzt keine Blasenspiegelung, sondern ergänzt die Diagnostik nur.
Der oberflächliche Harnblasenkrebs
Entstehung und Eigenschaften des oberflächlichen Harnblasenkrebses
Harnblasenkrebs entsteht in der Regel in der oberflächlichen Schleimhaut der Blase. Für die Behandlung ist entscheidend, ob der Tumor sich auf die Blasenschleimhaut und die darunterliegende Schicht beschränkt oder ob die tiefer gelegenen Muskelschichten der Harnblase betroffen sind.
Die Mehrheit der Harnblasentumore (etwa 80 %) beschränkt sich auf die oberflächliche Blasenschleimhaut und hat eine gute Prognose. Diese Tumoren bilden selten Tochtergeschwülste (Metastasen), wodurch die Heilungsaussichten günstig sind. Das Risiko liegt jedoch in einem häufigen Wiederauftreten (Rezidiv) und in einem möglichen Fortschreiten (Progression) zu einem in die Muskulatur wachsenden Blasentumor.
Behandlung des oberflächlichen Harnblasenkrebses
Die Entfernung eines oberflächlichen Harnblasentumors erfolgt fast immer durch eine Transurethrale Blasentumorresektion (TUR-BT). Unter entsprechender Anästhesie kann der Urologe, ähnlich wie bei einer Blasenspiegelung, über die Harnröhre in die Blase sehen. Im Unterschied zum Zystoskop (Instrument für die Blasenspiegelung) ist das verwendete Instrument jedoch mit einer elektrischen Schlinge ausgestattet. Diese ermöglicht das gezielte Herausschneiden des Tumorgewebes, das anschließend durch das Instrument herausgespült wird.
In der Regel erfolgt wenige Stunden nach dem Eingriff eine einmalige Gabe eines Medikaments (z. B. Mitomycin). Diese sogenannte intravesikale Instillationstherapie soll verhindern, dass sich während des Eingriffs freigesetzte Tumorzellen erneut in der Blase ansiedeln.
Je nach Ausbreitung und Anzahl der Tumoren kann es notwendig sein, wenige Wochen nach dem Ersteingriff eine Wiederholung der TUR-BT durchzuführen. So können mögliche Reste von Tumorgewebe sicher entfernt werden.
Abhängig vom Rückfallrisiko schließt sich möglicherweise eine lokale Chemotherapie (auf die Blase beschränkt) oder eine sogenannte BCG-Immuntherapie an. In anderen Fällen reichen regelmäßige Kontrollen mit Blasenspiegelung beim Urologen aus (siehe unten).
Der invasive Harnblasenkrebs
Eigenschaften und Diagnostik des invasiven Harnblasenkrebses
Bei etwa 20 % der Patienten mit Harnblasentumor handelt es sich um einen in die Muskulatur der Harnblase wachsenden Blasenkrebs. Um die Diagnose zu sichern, führt der Urologe zunächst eine Blasenspiegelung und eine Transurethrale (Teil-)Resektion des Blasentumors durch.
Ein muskelinfiltrierender Harnblasenkrebs lässt sich jedoch oft nicht mehr durch eine TUR-BT sicher und vollständig entfernen. Aufgrund des deutlich erhöhten Risikos, dass sich Metastasen (Tochtergeschwülste in anderen Organen) bilden, wird in der Regel die operative Entfernung der gesamten Harnblase empfohlen.
Behandlung des invasiven Harnblasenkrebses
Die vollständige operative Entfernung der Harnblase wird als Cystektomie bezeichnet. Diese aufwendige Operation erfolgt unter Vollnarkose, dauert mehrere Stunden und erfordert einen Krankenhausaufenthalt von etwa zwei Wochen.
Während der Cystektomie entfernt der Chirurg nicht nur die Blase (bei Männern zusätzlich die Prostata), sondern schafft auch eine alternative Urinableitung. Häufige Methoden sind:
- Ein kontinenter Blasenersatz aus Darmanteilen, z. B. eine sogenannte Neoblase („neue Blase“).
- Eine Urinableitung über ein Stoma durch die Bauchdecke, z. B. ein Ileumconduit.
Das entfernte Gewebe der Blase sowie der angrenzenden Lymphknoten wird anschließend feingeweblich untersucht. Diese Ergebnisse, in Kombination mit Bildgebungsverfahren, dienen der genauen Stadieneinteilung der Krebserkrankung.
Nicht in jedem Fall ist eine Entfernung der Harnblase möglich. Bei einem schlechten Allgemeinzustand des Patienten oder wenn die Operation abgelehnt wird, kann eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie als Behandlungsalternative in Betracht gezogen werden.
Nachsorge bei Harnblasenkrebs
Die Nachsorge richtet sich nach der Ausbreitung des Tumors und der Art der Behandlung. Der Urologe wird einen individuellen Nachsorgeplan erstellen, der auf die jeweilige Situation des Patienten abgestimmt ist.
Auch bei vollständig entfernten oberflächlichen Harnblasentumoren ist eine regelmäßige Kontrolle der Blase durch den Urologen erforderlich. Eine solche Kontrolle ist Pflicht, da diese Tumoren dazu neigen, wiederholt aufzutreten.
Nach einer radikalen Cystektomie (vollständige Entfernung der Blase) wird eine Anschlussheilbehandlung in einer spezialisierten Nachsorgeklinik empfohlen. Dort können Patienten den Umgang mit der neuen Harnableitung erlernen und sich nach dem Krankenhausaufenthalt erholen. Die weitere Nachsorge erfolgt in der Regel durch den niedergelassenen Urologen.
Häufig gestellte Fragen
Wie häufig tritt Harnblasenkrebs auf?
In der Bundesrepublik Deutschland erkranken jedes Jahr schätzungsweise 21000 Männer und 7000 Frauen neu an Harnblasenkrebs.
Erkranken auch junge Menschen an Harnblasenkrebs?
Selten sind junge Menschen betroffen. Harnblasenkrebs ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Das Erkrankungsrisiko steigt ab dem 50. Lebensjahr.
Wann soll ein Urologe aufgesucht werden?
Wichtigstes Krankheitszeichen ist die schmerzlose Blutbeimengung im Urin. Schmerzen treten meist erst bei fortgeschrittener Erkrankung auf. Bei Anzeichen von Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Schmerzen beim Wasserlassen oder im Unterbauch sollte immer ein Urologe aufgesucht werden. Nur durch das frühzeitige Erkennen kann der Harnblasenkrebs wirklich erfolgreich behandelt werden.
Wodurch entsteht Harnblasenkrebs?
Regelmäßiger Tabakkonsum ist der Hauptrisikofaktor zur Entstehung von Blasenkrebs und für ca. 50% der entstandenen Blasenkrebsfälle verantwortlich. Eine genetische Disposition und krebserregende chemische Stoffe (z.B. aromatische Amine) sind ebenfalls gesicherte Risikofaktoren. In tropischen und subtropischen Regionen kann die Bilharziose in seltenen Fällen an der Entstehung des Harnblasenkrebses beteiligt sein.
Welche Arten von Harnblasenkrebs gibt es?
Am häufigsten tritt der Harnblasenkrebs auf, der von der Schleimhaut (Urothel) ausgeht, die die Harnblase innen auskleidet und auf diese beschränkt bleibt. Weitaus gefährlicher ist der invasive Typ, der in die Tiefe der Blasenwand und damit in die Muskulatur der Harnblase einwächst.
Wie steht es mit der Sexualität?
Beim oberflächlich auftretenden Harnblasenkrebs und der schonenden Entfernung des Tumors mittels der Elektroschlinge sind in der Regel keine Störungen im Liebesleben zu erwarten. Bei Entfernung der Harnblase und Anlegen einer Darmersatzblase beim Mann gehen durch die zusätzliche Entfernung von Prostata und Samenblasen der Samenerguss und die Zeugungsfähigkeit verloren. Fast immer kommt es auch zum Verlust der Gliedsteife (Erektion). Dies kann in manchen Fällen durch eine „erektionserhaltende Operation“ vermieden werden. Die möglichst sichere und vollständige Entfernung des Blasenkrebses muss jedoch Vorrang habe.
Sollte nach der Behandlung eine Erektionsstörung eintreten, stehen die im gesonderten Kapitel aufgezeigten Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Bei Frauen wirkt sich die Darmersatzblase weniger störend auf das Liebesleben aus. Aber auch hier kann es zu einer Störung der sexuellen Erregbarkeit oder zu Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs kommen. Durch die Entfernung der Gebärmutter können Frauen keine Kinder mehr gebären.
Wie sind die Heilungsaussichten?
Auch beim Harnblasenkrebs ist der frühe Zeitpunkt der Erkennung von größter Bedeutung. Je früher ein Harnblasenkrebs festgestellt wird, desto aussichtsreicher sind die Chancen auf eine Heilung. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist das frühe Stadium der Tumorerkrankung und seine Begrenzung auf die Harnblasenschleimhaut. Besteht ein aggressives Tumorwachstum und liegen bereits Absiedelungen in andere Organe vor (Metastasen), gestaltet sich die Behandlung weitaus schwieriger mit entsprechend ungünstiger Aussicht auf Heilung.
Wie kann man Harnblasenkrebs vorbeugen?
Raucher sollten das Rauchen vollständig einstellen. Dies trägt sicher zur Reduktion des Blasenkrebsrisikos bei. Zudem stellt für Mitmenschen das Passivrauchen eine Gefährdung der Gesundheit dar. Bei Arbeiten in der chemischen Industrie sollten sämtliche Arbeitsschutzmaßnahmen gewissenhaft beachtet werden.