Deutsche Behörden haben unlängst in Urinproben einen gefährlichen Weichmacher entdeckt, darunter auch bei Kleinkindern aus Nordrhein-Westfalen. Das Umweltbundesamt fand Hinweise auf ein Abbauprodukt eines Weichmachers aus der Gruppe der sogenannten Phthalate, der als fortpflanzungsschädigend gilt und daher eigentlich EU-weit verboten ist. Die Herkunft des Weichmachers ist derzeit unbekannt. Trotz strenger Regulierung scheint der Weichmacher noch immer in einigen Produkten – vom Kinderspielzeug, über Plastikflaschen bis zum Kassenbon – vorhanden zu sein. Die Behörden arbeiten daran, die Quelle der Belastung zu identifizieren und die Gefahr schnellstens einzudämmen, denn Weichmacher stehen unter anderem im Verdacht, die Fruchtbarkeit des Menschen zu beeinträchtigen.

Eine jüngst veröffentlichte Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Gunther Wennemuth von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen deckte die potenziellen Auswirkungen von Weichmachern auf die männliche Fruchtbarkeit auf. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Weichmacher die Beweglichkeit von Spermien vorübergehend beeinträchtigen können.

Die Untersuchung basierte auf Spermienproben von 25 gesunden Männern, die regelmäßig Thrombozyten (Blutplättchen) spendeten. Diese gehören zu den zellulären Bestandteilen des Blutes und haben eine wichtige Aufgabe bei der Blutgerinnung. Während des Spendeprozesses werden diese Männer zwangsläufig verstärkt Weichmachern ausgesetzt, da deren Blut über ein Schlauchsystem aus Plastik geleitet wird.

Im Ergebnis der Studie war die Beweglichkeit der Spermien für einige Tage lang beeinträchtigt, wurde der Körper verstärkt den Weichmachern ausgesetzt. Insbesondere stellten die Forschenden fest, dass die Frequenz der Spermienschwanzschläge abnahm, ein entscheidender Parameter für die Spermienbeweglichkeit. Gleichzeitig wies die Samenflüssigkeit der Probanden eine erhöhte Konzentration von Abbauprodukten des Weichmachers auf.

Prof. Wennemuth betonte, dass die beobachteten Veränderungen nicht zwangsläufig bedeuten, dass gesunde Männer durch Thrombozytenspenden oder eine hohe Weichmacherexposition unfruchtbar würden. Allerdings könnten bereits bestehende Probleme mit der Fruchtbarkeit bei Männern auf diese Weise noch verstärkt werden.

Die vorliegende Studie deute jedoch auch darauf hin, dass der negative Effekt der Weichmacher auf die Spermienbewegung umkehrbar (reversibel) sei. Dennoch sollten weitere Untersuchungen mit einer größeren Teilnehmerzahl klären, wie genau sich Weichmacher langfristig auf die männliche Fruchtbarkeit auswirken.

Weitere Informationen rund um das Thema der männlichen Fruchtbarkeit finden Sie auch hier auf den Seiten der Urologischen Stiftung Gesundheit, z. B. unter dem Link: https://urologische-stiftung-gesundheit.de/unerfuellter-kinderwunsch-in-der-haelfte-der-faelle-liegt-die-ursache-beim-mann. Dort erhalten Sie zudem weiterführende Leseempfehlungen zu möglichen Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches, zu andrologischen und hormonell bedingten Erkrankungen des Mannes sowie einen Link zu unserem Patientenratgeber „Infertilität“.

Quellen:
Ärztezeitung vom 3. Februar 2024. [Link: https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Gefaehrliches-Abbauprodukt-eines-Weichmachers-im-Urin-vieler-Menschen-aufgespuert-446842.html; zuletzt aufgerufen am 5. Februar 2024]

Von Ostau NE et al., Transient Decrease in Sperm Motility after Plateletpheresis. Expo Health 2024. [Link: https://doi.org/10.1007/s12403-023-00621-5; zuletzt aufgerufen am 5. Februar 2024]