Nierenkrebs

3

Bei Tumorerkrankungen der Niere wird zwischen Tumoren des Nierenbeckens und des Nierengewebes an sich unterschieden.

Tumore des Nierenbeckens entstehen aus der Schleimhaut des Hohlsystems und sind dem Blasenkrebs ähnlich. Tumore des Nierengewebes beruhen auf einer Veränderung der kleinsten Funktionseinheit der Niere, der sog. Nephrone. Gutartige Tumore der Niere sind selten.

Die folgende Zusammenfassung erklärt Beschwerden, Untersuchungen und Behandlung von Tumoren des Nierengewebes an sich, welche 90 % aller Krebserkrankungen der Niere darstellen.

Häufigkeit

Nierenkrebs ist die dritthäufigste urologische Tumorerkrankung und ist insgesamt für 2-3% aller Krebserkrankungen in der Bevölkerung verantwortlich. In den vergangenen Jahrzehnten kam es dabei zu einem jährlichen Anstieg der Erkrankungsfälle von ca. 2% in Europa. Männer erkranken ca. 1,5x häufiger an Nierenkrebs als Frauen. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 60 und 70 Lebensjahr.

Risikofaktoren

Gesicherte Risikofaktoren für Nierenkrebs nach heutigen Erkenntnissen sind Rauchen, Übergewicht und erhöhter Blutdruck. Familiäre Häufungen können auftreten. Die effektivste Möglichkeit, einem Nierenkrebs vorzubeugen, ist auf Rauchen zu verzichten und das Körpergewicht zu normalisieren.

Symptome

Die meisten Nierentumore werden heute als Zufallsbefund bei Ultraschall-Untersuchungen der Niere durch den Hausarzt oder Urologen gefunden. Sie können ebenso bei CT-Untersuchungen des Bauchraumes als Zufallsbefund gesehen werden. Kleine Nierentumore in einem frühen Stadium sorgen in der Regel für keinerlei Beschwerden. Symptome größerer Tumore können Flankenschmerzen, Blutbeimengung im Urin oder unklarer Gewichtsverlust sein. In fortgeschritteneren Stadien können Knochenschmerzen durch Metastasen zur Diagnose eines Nierenkrebses führen.

Diagnostik

Neben den Grunduntersuchungen (Körperliche Untersuchung, Ultraschall, Urinuntersuchung, Blutentnahme) ist eine bildgebende Untersuchung des Bauchraumes und speziell der Nieren im Verdachtsfall unerlässlich. Ein CT-Abdomen mit Kontrastmittel ist hier das Mittel der Wahl. In besonderen Fällen kann auch eine MRT-Untersuchung der Nieren eingesetzt werden. Ergänzend werden bei Diagnosestellung CT-Untersuchungen des Brustkorbes (Thorax) durchgeführt, um möglich Metastasen zu erkennen. Bei konkreten Beschwerden wie Knochenschmerzen, oder dem Verdacht auf Hirnmetastasen können eine Knochenszintigraphie oder eine MRT-Untersuchung des Schädels eingesetzt werden. Sollten klinisch keine Anhaltspunkte für Metastasen in diesem Bereich bestehen, kann auf diese Untersuchungen auch verzichtet werden.

Auch durch die beste Bildgebung kann derzeit nicht sicher zwischen einer bösartigen und gutartigen Geschwulst (z.B. Onkozytom) unterschieden werden. Zu diagnostischen Zwecken kann in ausgesuchten Fällen eine Feinnadel-Biopsie des Nierentumors sinnvoll sein, um weiteren Informationen über Gut- oder Bösartigkeit, aber auch über die speziellen Unterformen des Nierenkrebses zu gewinnen. Dies kann bei kleinen Tumoren, welche mittels Active-Survaillance (s.u.) überwachte werden sollen, sinnvoll sein. Ebenso kann auf diese Weise eine feingewebliche Sicherung vor Verwendung eines Ablativen-Verfahrens (z.B. Thermoablation, Zerstörung des Tumors durch gezielte Wärmeanwendung) erfolgen. Es gibt jedoch keine Empfehlung, pauschal bei jedem Nierentumor vor einer geplanten Operation eine Biopsie zu entnehmen.

Auch bei einem fortgeschrittenen (metastasierten) Tumorleiden kann eine histologische Sicherung durch eine Feinnadel-Biopsie erfolgen, um weitere Informationen über den Untertyp des Nierenkrebses zu gewinnen, um eine medikamentöse Therapie gezielter einsetzen zu können.

Therapie

Die Wahl des Behandlungsverfahrens ist eine individuelle Entscheidung, für welche die Größe und Lage des Tumors, das Alter, der Gesundheitszustand des Patienten und die Ausbreitung des Tumors im Körper eine wichtige Rolle spielen. Der behandelnde Urologe wird Patienten anhand der individuellen Befunde beraten.

Operationen

Die am häufigsten gewählte Behandlungsoption ist ein operatives Vorgehen. Hier wird zwischen einer teilweisen Entfernung der tumortragenden Niere (z.B. Nierentumorenukleation) und einer vollständigen Entfernung der Niere (radikale Tumornephrektomie) unterschieden. Wie bereits erwähnt, ist die Wahl des Verfahrens von Tumorlage, Größe des Tumors aber auch der Nierenfunktion abhängig. Bei kleinen Tumoren ist eine Nierentumorenukleation anzustreben, um möglichst viel gesundes Nierengewebe zu erhalten. Bei größeren Tumoren oder ungünstiger Lage kann jedoch eine vollständige Entfernung der tumortragenden Niere unumgänglich sein.

Als OP-Techniken stehen eine „Schlüsselloch-Methode“ (Laparoskopie, ggf. Roboter-assistiert) und eine konventionelle offene Operation zur Verfügung. Auch nach vollständiger Entfernung einer Niere ist bei einem Patienten mit gesunder Gegenniere von einer vollständigen Übernahme der Nierenfunktion durch diese auszugehen. Eine gesonderte Prüfung der seitengetrennten Nierenfunktion ist vor einer Operation nicht regelhaft notwendig.

Alternativen zur Operation

Für sehr alte Patienten und Patienten mit schwerwiegenden Begleiterkrankungen, bei denen zufällig ein kleinerer Nierentumor erkannt wurde, können auch Alternativen zu einer Operation diskutiert werden.

Als „Active surveillance“ wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem regelmäßige Kontrollen der Tumorgröße erfolgen (CT, Ultraschall) und eine Intervention erst durchgeführt wird, wenn eine deutliche Größenzunahme erkannt wird. Dieses Vorgehen beruht auf der Erkenntnis, dass kleine Tumoren bei älteren Patienten eine niedrige Wahrscheinlichkeit haben, Metastasen zu bilden. Andere Techniken wie Mikrowellen-Ablation, Laser-Ablation, High-Intensity Ultraschall sind gegenwärtig experimentell und nur im Rahmen von Studien empfohlen. Bei sehr fortgeschrittenen Nierenkrebserkrankungen ist auch ein rein palliativer Therapieansatz in Erwägung zu ziehen.

Operation bei fortgeschrittenem Tumorstadium

Sollten bei der Erstdiagnose bereits Metastasen festgestellt werden, so kann auch dann noch eine Entfernung des ursprünglichen Nierentumors sinnvoll sein, da dies vermutlich den Erkrankungsverlauf günstig beeinflussen kann. Sollten im weiteren Krankheitsverlauf vereinzelte Metastasen auftreten, die chirurgisch entfernbar scheinen, so kann auch dies aus uro-onkologischer Sicht sinnvoll sein. Die Entscheidung, ob eine Operation im Einzelfall sinnvoll ist, wird in einem interdisziplinären Team von Ärzten verschiedener Fachrichtungen (z.B. Thoraxchirurgie, Allgemeinchirurgie, Strahlentherapie, Onkologie) getroffen.

Bei weiter voranschreitender Erkrankung bestehen medikamentöse Therapieoptionen (s.u.). Eine Strahlentherapie kann Schmerzen durch Knochenmetastasen des Nierenkrebses und Beschwerden durch Hirnmetastasen günstig beeinflussen.

Medikamentöse Therapie des Nierenkrebses

Sollte die Nierenkrebserkrankung zur Bildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) im Körper geführt haben, so besteht die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie, wofür verschiedenen Wirkstoffe zu Wahl stehen. Für eine Chemotherapie im eigentlichen Sinne ist der Nierenkrebs unempfindlich.

Die verwendeten Wirkstoffe (u.a. Sunitinib, Pazopanib, Sorafenib, Bevacizumab + Interferon, Temsirolimus, Everolimus und Axitinib und neuere Substanzen) werden hierbei in Abhängigkeit vom histologischen (feingeweblichen) Tumorbefund und individuellen Risikofaktoren des Patienten eingesetzt. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen der Therapie sollte die Behandlung durch einen mit den Wirkstoffen vertrauten Urologen oder Onkologen erfolgen.

Nachsorge

Im Rahmen der Nierenkrebsnachsorge sind regelmäßig Kontrollen durch den behandelnden Urologen zu empfehlen. Hier gilt es insbesondere die verbliebene Nierenfunktion zu überwachen und ein mögliches Widerauftreten der Krebserkrankung (Metastasen oder Nierenzellkarzinom der Gegenniere) schnell zu erkennen. Hierfür sind auch regelmäßige CT-Untersuchungen des Brustkorbes und des Bauchraumes notwendig. Ein einheitlicher Nachsorgestandard existiert hierbei allerdings nicht.

Quelle: Guidelines on Renal Cell Carcinom, European Association of Urology 2013