Ob Schwangerschaft, Geburt, Übergewicht oder einfach nur das Alter: Der unfreiwillige Verlust von Urin, medizinisch Harninkontinenz genannt, kann bei Frauen viele Ursachen haben. Meist handelt es sich um eine Belastungsinkontinenz, die bei körperlicher Anstrengung, etwa beim Niesen, Husten oder Springen, zu unwillkürlichem Urinverlust führt, oder um eine Dranginkontinenz mit plötzlichem übermächtigem Harndrang. Beide Formen der Inkontinenz können auch gemeinsam auftreten. Eine bewährte Methode zur Behandlung der weiblichen Harninkontinenz ist das Training der Beckenbodenmuskeln. Diese stützen den Darm und die Blase, die Gebärmutter und die Scheide und tragen zur Kontrolle der Blase bei. Eine aktuelle Übersichtsstudie hat nun untersucht, ob das Beckenbodentraining wirksamer ist, wenn die Patientinnen zusätzlich eine Feedback-Methode nutzen.
Was ist Biofeedback?
Feedback oder Biofeedback soll den Frauen während des Trainings eine Rückmeldung (Feedback) geben, ob und wie gut sie die Muskeln des Beckenbodens anspannen oder ob sie irrtümlich etwa die Gesäßmuskeln trainieren. Beim herkömmlichen Feedback kann zum Beispiel eine Gesundheitsfachkraft durch Berührung die korrekte Anspannung der Muskulatur überprüfen und der Patientinnen eine Rückmeldung geben. Beim Biofeedback wird eine Sonde in die Scheide eingeführt, die das Anspannen der Muskulatur hör- und sichtbar macht und die Messergebnisse zum Beispiel auf einen Lautsprecher überträgt oder auf einem Bildschirm als Kurve darstellt. So kann die Patientin verfolgen, ob sie die Übungen korrekt ausführt.
Übersichtsstudie untersucht den Nutzen von zusätzlichem Biofeedback
Der Nutzen dieser unterstützenden Feedback-Verfahren wurde nun in einer Analyse von 41 hochrangigen Studien mit insgesamt fast 3.500 Teilnehmerinnen untersucht. Dabei wollten die Forschenden herausfinden, ob Beckenbodentraining mit zusätzlichem Feedback oder Biofeedback im Vergleich zu alleinigem Beckenbodentraining die Inkontinenz-bezogene Lebensqualität verbessert und die Häufigkeit des Urinverlustes verringert. Außerdem untersucht wurden der subjektive Heilungserfolg, die Zufriedenheit der Patientinnen, die Wirksamkeit verschiedener Feedback-Verfahren sowie das Auftreten von unerwünschten Wirkungen bei der Anwendung von Feedback oder Biofeedback.
Keine deutlichen Vorteile durch Biofeedback bei Harninkontinenz
Im Ergebnis zeigte die Übersichtsstudie keine deutlichen Vorteile für das zusätzliche Biofeedback: Bei Frauen mit Harninkontinenz führt das Beckenbodentraining mit Biofeedback, das die Muskelaktivität misst und Rückmeldungen über Ton oder Bild gibt, nur zu geringfügigen oder keinen Verbesserungen. Weder die Lebensqualität noch die Häufigkeit des Urinverlusts oder das subjektive Empfinden einer Besserung oder Heilung unterscheiden sich dabei deutlich im Vergleich zum Training ohne Biofeedback. Trotzdem sind Frauen, die mit Biofeedback behandelt wurden möglicherweise zufriedener mit ihrer Behandlung oder dem Behandlungsergebnis.
Zur Wirksamkeit unterschiedlicher Biofeedback-Verfahren konnte die Analyse keine sicheren Aussagen treffen, weil nur wenige der einbezogenen Studien diese Frage untersucht hatten. Auch unerwünschte Wirkungen der Behandlung wurden nur in wenigen der analysierten Studien erfasst, traten dort aber nicht oder selten auf und waren weder schwerwiegend noch von Dauer.
Fazit: Die Autor:innen der aktuellen Übersichtsarbeit schlussfolgern, dass es bei der Behandlung der Harninkontinenz bei Frauen kaum einen bis keinen Unterschied zwischen einem Beckenbodentraining mit Biofeedback und einem alleinigen Beckenbodentraining gibt, sodass der generelle Nutzen des zusätzlichen Biofeedbacks beim Beckenbodentraining weiter unklar bleibt. Trotzdem könnte Biofeedback für manche Patientinnen eine hilfreiche Motivation beim Training darstellen.
Da Harninkontinenz eine weit verbreitete Erkrankung ist, finden Sie hier auf der Website der Urologischen Stiftung viele weitere informative Beiträge zum Thema. Lesen Sie zum Beispiel unseren „Ratgeber Harninkontinenz“ oder unseren Artikel „Besser leben mit Belastungsinkontinenz“ mit hilfreichen Empfehlungen für Ihren Alltag.
Originalpublikation: Fernandes ACNI et al., Pelvic floor muscle training with feedback or biofeedback for urinary incontinence in women. Cochrane Database Syst Rev 2025; 3(3): CD009252