BESSER LEBEN
Besser leben mit überaktiver Blase
Diese Empfehlungen helfen Ihnen im Alltag
Was ist eine überaktive Blase?
Eine überaktive Blase, die landläufig auch Reizblase genannt wird, ist ein häufiges urologisches Problem, das durch häufiges Wasserlassen (mehr als 8 x am Tag und mehr als 2 x in der Nacht) und einen plötzlichen, manchmal unkontrollierbaren Harndrang gekennzeichnet ist. Dieses Problem kann Frauen und Männer betreffen und kann sich stark auf die Lebensqualität auswirken, da es häufige Toilettengänge und mögliche Inkontinenz mit sich bringt. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Maßnahmen, die Patienten und Patientinnen selbst ergreifen können, um die Symptome zu lindern und den Alltag zu erleichtern. Hierüber werden wir in diesem Ratgeber berichten. Zunächst jedoch zu den medizinischen Grundlagen.
Medizinische Ursachen einer überaktiven Blase
Sollte eine Reizblase über mehrere Wochen ohne Erklärung bestehen, sollte eine urologische Untersuchung erfolgen, denn es gibt verschiedene medizinische Ursachen, die eine überaktive Blase hervorrufen und behandelt werden können, darunter auch bedenkliche. Zu den häufigsten fassbaren Ursachen gehören:
Infektionen und Blasensteine
Akute oder chronische Infektionen der Harnwege können die Blasenwand reizen und zu einem verstärkten Harndrang führen. Steine in der Blase können ebenfalls die Blasenwand reizen und Symptome einer überaktiven Blase verursachen.
Tumore in der Blase und hormonelle Veränderungen
Sowohl gutartige als auch bösartige Tumore in der Blase oder im Bereich der Harnwege können die Blasenfunktion beeinträchtigen und zu verstärktem Harndrang führen. Bei Frauen können hormonelle Veränderungen, insbesondere nach den Wechseljahren, die Blasenfunktion beeinflussen und zu einer überaktiven Blase führen.
Neurologische Erkrankungen und Prostatavergrößerung
Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson-Krankheit, Schlaganfälle oder Rückenmarksverletzungen können die Nervenbahnen stören, die die Blasenfunktion steuern, und so zu einer überaktiven Blase führen. Eine Prostatavergrößerung oder eine Verengung der Harnröhre, die den Harnfluss behindern, kann ebenfalls die Blasenmuskulatur überlasten und Symptome einer überaktiven Blase hervorrufen.
Urologische Untersuchungen zur Diagnosestellung
Eine urologische Untersuchung beginnt mit einer ausführlichen Befragung. Hilfreich sind auch Protokolle, in denen Sie neben der Trinkmenge den Zeitpunkt des Toilettengangs und die dabei ausgeschiedene Urinmenge notiert haben. Es folgen dann Urintests und Ultraschalluntersuchungen, mit Restharnmessung. Weitere Informationen können Blasendruckmessungen und eine Blasenspiegelung geben. Je nach Ergebnis dieser Untersuchungen können Ihre Urologin oder Ihr Urologe eine auf Sie zugeschnittene Behandlung in die Wege leiten.

Lebensstiländerungen und Verhaltensstrategien
Darüber hinaus haben Sie aber auch die Möglichkeit, durch eigene Verhaltensmaßregeln die Beschwerden zu mindern.
Blasentraining
Eine der effektivsten Methoden, um die Symptome einer überaktiven Blase zu lindern, ist das Blasentraining. Ziel ist es, die Zeitspanne zwischen den Toilettengängen allmählich zu verlängern. Beginnen Sie mit kurzen Intervallen, beispielsweise von einer halben Stunde, und steigern Sie diese schrittweise um fünf bis zehn Minuten, um die Blase daran zu gewöhnen, größere Mengen Urin zu halten. Dies kann dazu beitragen, die Frequenz der Toilettengänge zu reduzieren und die Blasenkapazität zu erhöhen. Machen Sie diese Übungen in der Nähe einer Toilette, die Sie schnell erreichen können.
Flüssigkeitsaufnahme und Ernährung
Achten Sie darauf, Ihre Flüssigkeitsaufnahme gleichmäßig über den Tag zu verteilen. Vermeiden Sie große Mengen auf einmal und reduzieren Sie die Aufnahme von Flüssigkeiten in den Abendstunden, um nächtlichen Harndrang zu minimieren. Es ist wichtig, genug zu trinken, um eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sicherzustellen, aber übertreiben Sie es nicht. Eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von etwa 1,5 bis 2 Litern ist in der Regel ausreichend. Bestimmte Nahrungsmittel und Getränke können die Blase reizen und die Symptome verschlimmern. Dazu gehören koffeinhaltige Getränke wie Cola, Kaffee und Tee, alkoholische Getränke, kohlensäurehaltige Getränke sowie scharfe und saure Speisen.
Gewichtsreduktion und Verdauung
Übergewicht kann den Druck auf die Blase erhöhen und die Symptome einer überaktiven Blase verschlimmern. Eine Gewichtsreduktion kann daher helfen, die Blase zu entlasten und die Symptome zu lindern. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität sind hierbei entscheidend. Und auch die Verdauung spielt eine wichtige Rolle – Verstopfung verschlimmert die Drangblase. Sorgen Sie für regelmäßigen Stuhlgang mit Quellmitteln wie indischem Flohsamen oder Macrogol.
Beckenbodenübungen
Die Stärkung der Beckenbodenmuskulatur kann helfen, die Blasenkontrolle zu verbessern. Beckenboden-Übungen sind speziell darauf ausgerichtet, die Schließmuskulatur zu stärken. Damit kann sie dem Harndrang besser widerstehen, und ein gestärkter Schließmuskel dämpft sogar den Harndrang. Diese Übungen sind einfach durchzuführen und können jederzeit und überall gemacht werden. Spannen Sie die Beckenbodenmuskulatur zwischen Ihren Beinen an, halten Sie die Spannung für etwa drei bis fünf Sekunden und lassen Sie dann wieder locker. Wiederholen Sie diese Übung in Sätzen von zehn bis fünfzehn Wiederholungen, mehrmals täglich. Eine regelmäßige Durchführung kann die Kontrolle über die Blase verbessern und Inkontinenz reduzieren.
Verhaltensänderungen und praktische Tipps
Legen Sie feste Zeiten für Toilettengänge fest, unabhängig davon, ob Sie Harndrang verspüren oder nicht. Diese Methode, bekannt als „geplantes Wasserlassen“, kann helfen, die Blase zu trainieren und unkontrollierbare Drangepisoden zu vermeiden. Gehen Sie zur Toilette, bevor der Harndrang überhaupt auftreten kann. Starten Sie mit Intervallen von einer bis drei Stunden, je nach Ihrem Harndrang, und passen Sie diese je nach Bedarf an.
Gehen Sie vor dem Schlafengehen und vor längeren Ausflügen auf die Toilette. Dies kann helfen, nächtliche Toilettengänge und unkontrollierbaren Harndrang während wichtiger Aktivitäten zu reduzieren. Wenn Sie nachts häufig auf die Toilette müssen, vermeiden Sie es, kurz vor dem Zubettgehen große Mengen zu trinken. Tragen Sie Kleidung, die leicht an- und auszuziehen ist, um den Toilettengang zu erleichtern und Zeitdruck zu vermeiden. Vermeiden Sie enge Kleidung, die auf die Blase drücken könnte. Planen Sie Ihre Tagesabläufe so, dass Sie immer wissen, wo sich die nächstgelegene Toilette befindet. Dies kann Ihnen Sicherheit geben und Stress reduzieren, wenn Sie unterwegs sind.
Medizinische Hilfsmittel und Techniken
Verwenden Sie Einlagen oder Windeln, wenn Sie häufig unter Inkontinenz leiden. Diese Produkte können Ihnen helfen, sich sicherer zu fühlen und peinliche Situationen zu vermeiden. Ein Pessar ist ein medizinisches Gerät, das in die Scheide eingeführt wird, um die Blase zu unterstützen. Dies kann besonders bei Frauen helfen, die unter Schließmuskelschwäche leiden. Ein Pessar kann die Position der Blase verbessern und dadurch den Druck verringern, der bei Husten, Niesen oder körperlicher Anstrengung zu ungewolltem Urinverlust führen kann.
Entspannungstechniken
Stress und Angst können die Symptome einer überaktiven Blase verschlimmern. Praktizieren Sie regelmäßig Entspannungsübungen wie tiefes Atmen, Yoga oder Meditation, um Ihren Geist zu beruhigen und die Blasenkontrolle zu verbessern. Diese Techniken können helfen, die allgemeine Anspannung zu reduzieren und einen positiven Einfluss auf die Blasenkontrolle zu haben.
Biofeedback-Therapie kann helfen, die Kontrolle über die Blasenmuskulatur zu verbessern. In Zusammenarbeit mit einem Therapeuten lernen Sie, wie Sie Ihre Muskelaktivität überwachen und steuern können. Diese Methode kann besonders hilfreich sein, um die Wahrnehmung und Kontrolle der Beckenbodenmuskulatur zu verbessern.
Medikamente bei überaktiver Blase
Wenn Selbsthilfemaßnahmen nicht ausreichen, kann Ihr Urologe Ihnen Medikamente verschreiben, die die Blasenmuskulatur entspannen und die Symptome lindern.
Es gibt verschiedene Medikamentengruppen, die zur Behandlung einer überaktiven Blase eingesetzt werden können. Dies sind zum einen Tabletten, die die Blasenmuskulatur entspannen und das Füllungsvermögen der Blase erhöhen und damit helfen können, den Harndrang zu reduzieren und die Häufigkeit der Toilettengänge zu verringern. Diese Medikamente sollten jedoch nur nach Rücksprache mit einem Facharzt eingenommen werden. Ihr Urologe wird die für Sie geeignete Medikation auswählen, basierend auf Ihrem individuellen Gesundheitszustand und den möglichen Nebenwirkungen.
In einigen Fällen kann auch eine Injektion von Botulinumtoxin (Botox) in die Blasenmuskulatur in Betracht gezogen werden. Dabei wird in einem kleinen Eingriff die Substanz bei einer Endoskopie direkt in die Blasenwand gespritzt. Botox hilft, die Blase zu entspannen und die Symptome einer überaktiven Blase zu lindern. Diese Behandlung muss in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, da die Wirkung nach einigen Monaten nachlässt.
Unterstützung und Austausch
Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein. Selbsthilfegruppen bieten Unterstützung, praktische Tipps und das Gefühl, nicht alleine zu sein. Der Kontakt mit anderen, die ähnlichen Erfahrungen gemacht haben, kann Trost spenden und neue Bewältigungsstrategien aufzeigen. Sprechen Sie mit Ihrem Urologen oder einem spezialisierten Physiotherapeuten über Ihre Symptome und mögliche Behandlungsstrategien. Eine professionelle Beratung kann Ihnen helfen, die besten Maßnahmen für Ihre individuelle Situation zu finden. Ihr Urologe kann Sie bei der Diagnose und Behandlung unterstützen, Ihnen geeignete Medikamente verschreiben und notwendige Untersuchungen durchführen, um die beste Therapie für Sie zu finden.
Eine überaktive Blase kann eine erhebliche Belastung im Alltag darstellen, aber mit den richtigen Strategien und Maßnahmen können Sie die Kontrolle zurückgewinnen und Ihre Lebensqualität verbessern. Blasentraining, eine bewusste Ernährung, Beckenbodenübungen und Entspannungstechniken sind nur einige der Ansätze, die helfen können. Es ist wichtig, geduldig und konsequent zu sein und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn dies notwendig ist. Ihr Urologe und Ihre Urologin stehen Ihnen zur Seite, um die beste Behandlung für Ihre individuelle Situation zu finden und Sie auf dem Weg zu einem erfüllten Leben mit einer überaktiven Blase zu unterstützen. Mit Geduld und Konsequenz können Sie die Symptome einer überaktiven Blase effektiv managen und ein erfülltes Leben führen.
Weitere Informationen zum Thema:
- Häufige Erkrankungen der Harnblase (Kapitel Blasenschwäche)
- Ratgeber Harninkontinen
- Ratgeber Überaktive Blase
- Broschüre „Was tun bei Harninkontinenz“
- Patientenforum (Ungewollter Urinverlust)

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Dr. med. Holger Borchers
Prof. Dr. med. Helmut Haas
Geschäftsführer der Urologischen Stiftung Gesundheit gGmbH
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