Ob eine medizinische Untersuchung, eine Behandlung oder ein Medikament von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird, entscheidet hierzulande der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Nun hat das wichtigste Entscheidungsgremium im deutschen Gesundheitswesen ein Beratungsverfahren über ein neues Früherkennungsangebot auf Prostatakrebs gestartet. Beraten wird über ein risikoabhängiges Screening mittels Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA-Wert) und einer Magnetresonanztomographie (MRT), so wie es die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) in der unlängst aktualisierten S3-Leitlinie zum Prostatakrebs empfiehlt.

 

Welche Bedeutung hat das Beratungsverfahren des G-BA?

Der Beschluss des G-BA, ein Verfahren zur Prüfung eines neuen Früherkennungsangebots einzuleiten, ist von entscheidender Bedeutung, denn es eröffnet die einzige Möglichkeit für eine zeitgemäße Änderung der gesetzlichen Früherkennung auf die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Bei Urologinnen und Urologen ist die Hoffnung groß, dass Männern in Deutschland zukünftig ein modernes Prostatakrebs-Früherkennungsangebot auf dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung stehen wird. Neue Empfehlungen dafür hat die DGU in der jüngsten Überarbeitung der Leitlinie zum Prostatakrebs formuliert, die im Juli 2025 veröffentlicht wurde.

 

Neue Leitlinienempfehlungen für eine zeitgemäße Früherkennung

Von den Expert:innen empfohlen wird ein risikoabhängiges, abgestuftes Vorgehen: Erster Schritt der Früherkennung ist demnach die Bestimmung des PSA-Wertes im Blut. Die Tastuntersuchung über den Enddarm wird als Methode zur Früherkennung von Prostatakrebs nicht mehr empfohlen, weil sie nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen kleine Prostatatumoren häufig übersieht und gleichzeitig zu Verdachtsbefunden führt, die sich nicht als Krebs bestätigen.

Wird ein erhöhter PSA-Wert durch eine zweite Messung bestätigt, folgen weitere urologische Untersuchungen und eine Kalkulation des individuellen Risikos. Bei erhöhtem Risiko erfolgt eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata. Zeigt sich auch hier ein Verdacht auf Prostatakrebs, wird schließlich eine gezielte Gewebeentnahme (Biopsie) empfohlen.

Anlässlich der Veröffentlichung dieser neuen Früherkennungsempfehlungen in der aktualisierten Prostatakrebsleitlinie sagte der Koordinator und Sprecher der Leitliniengruppe Professor Marc-Oliver Grimm im Juli dieses Jahres: „Wir hoffen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auf Basis dieser Empfehlungen die Regelungen zur gesetzlichen Früherkennung prüft und entsprechend anpasst.“

 

Beratungen des G-BA im Oktober 2025 gestartet

Eben diese Prüfung wurde im Oktober 2025 vom G-BA beschlossen. Den Antrag auf das Verfahren hatten die Patientenvertretung im G-BA und der unparteiische G-BA-Vorsitzende, Prof. Josef Hecken, gestellt. „Für ein komplett neues Screening-Angebot müssen von uns viele Fragen beantwortet werden, denn eine Richtlinie des G-BA bildet den gesamten Pfad einer Früherkennung ab. In diese Beratungen starten wir jetzt. Wir prüfen ein risikoadaptiertes, also gestuftes Prostatakrebs-Screening. Wir hoffen auf Studien, die zeigen, dass sich durch die zusätzliche Abklärung mit einer MRT-Untersuchung unerwünschte Überdiagnosen und falsch positive Screening-Befunde reduzieren lassen. Wir berücksichtigen dabei die jüngst aktualisierte S3-Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaft ebenso wie die internationale Studienlage“, wird Prof. Hecken in einer Pressemitteilung des Ausschusses vom 16. Oktober 2025 zitiert.

 

Ein Ergebnis wird erst im Oktober 2027 erwartet

Das Beratungsverfahren des G-BA erfolgt in zwei Schritten. Zunächst beauftragt der Gemeinsame Bundesausschuss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), den aktuellen medizinischen Wissensstand zu einem risikoadaptierten PSA- und MRT-Screening zur Früherkennung eines Prostatakarzinoms zu recherchieren und in einem Abschlussbericht zu bewerten. Auf dieser Basis wird der G-BA dann beraten, ob und wie das Früherkennungsangebot angepasst werden muss. In seinem Beschlussentwurf berücksichtigt der Gemeinsame Bundesausschuss zudem Stellungnahmen von Verbänden und wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Mit einem Ergebnis ist spätestens in zwei Jahren, also im Oktober 2027, zu rechnen, so der G-BA.

 

Und bis 2027? Für Patienten ändert sich zunächst nichts

Für Patienten, die eine Früherkennungsuntersuchung wünschen, ändert sich zunächst nichts, da mit dem Update der Prostatakrebsleitlinie allein die ärztlichen Empfehlungen geändert wurden, die Früherkennungsrichtlinie hingegen nicht.

Die gesetzlich geregelte Früherkennungsuntersuchung, jährlich für Männer ab 45 Jahren und bei familiärer Vorbelastung bereits ab 40 Jahren, beinhaltet deshalb weiterhin die Tastuntersuchung sowie die Untersuchung der Geschlechtsorgane, der Haut und der Leistenlymphknoten. Die Bestimmung des PSA-Wertes und das MRT sind als Maßnahme zur Früherkennung bis auf Weiteres eine Selbstzahlerleistung.

 

Das Neueste auf den Punkt: Patienten-Information zur Prostatakrebs-Früherkennung

Fazit: Der Start der Beratungen des obersten Beschlussgremiums im deutschen Gesundheitswesen über ein risikoabhängiges Prostatakrebs-Screening mittels PSA-Test und Magnetresonanztomographie und eine mögliche Änderung der Krebsfrüherkennungsrichtlinie weckt die berechtigte Hoffnung auf die Einführung eines modernen Prostatakrebs-Früherkennungsangebots zulasten der gesetzlichen Krankenkassen. Während dieses Prozesses bleibt die Abweichung zwischen ärztlicher Leitlinienempfehlung und der aktuell von den Krankenkassen übernommenen Früherkennungsuntersuchung allerdings bestehen.

Das Wichtigste zu ihren neuen Empfehlungen und die aktuelle Entwicklung bei der Prostatakrebs-Früherkennung bringt die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. in einem neuen Patienten-Flyer auf den Punkt. Zentraler Rat der wissenschaftlichen Fachgesellschaft: Sprechen Sie mit Ihrer Urologin oder Ihrem Urologen über das beste Vorgehen.

 

Weitere Informationen

Umfängliche Informationen zur Früherkennung von Prostatakrebs finden Sie natürlich auch hier auf der Website der Urologischen Stiftung Gesundheit (USG):

Prostatakrebs allgemein auf der Website der Urologischen Stiftung Gesundheit

PSA bei der Prostatakarzinom-Früherkennung

Pressemitteilung des G-BA zum Start des Beratungsverfahrens