Eine große kanadische Langzeitstudie lieferte unlängst wichtige Erkenntnisse zur Sicherheit der Testosterontherapie bei Männern mit hypophysenbedingtem Testosteronmangel (= sekundärer Hypogonadismus). Das zentrale Ergebnis: Die Behandlung erhöht nicht das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse.
Was ist ein sekundärer Hypogonadismus?
Von einem sekundären Hypogonadismus sprechen Ärztinnen und Ärzte, wenn der Körper zu wenig Testosteron produziert, weil z. B. die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) – eine wichtige hormonsteuernde Drüse im Gehirn – nicht richtig arbeitet. Dies kann u.a. durch gutartige Tumoren wie nicht-funktionelle Hypophysenadenome oder Prolaktinome verursacht werden. Der resultierende Testosteronmangel führt dann häufig zu:
- verminderter Muskelkraft,
- sexuellen Funktionsstörungen,
- Müdigkeit sowie
- Stoffwechselproblemen.
Die Standardbehandlung ist eine Testosteronersatztherapie (TRT), welche den Testosteronspiegel auf Normalniveau anheben soll.
Warum stand Testosteron lange in der Kritik?
In den vergangenen Jahren kam es zu Warnhinweisen, die eine mögliche Verbindung zwischen Testosterontherapie und Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiken nahelegten. Grundlage waren einzelne Studien mit teils widersprüchlichen Ergebnissen. Nationale Behörden rieten daher zur Vorsicht. Doch für Patienten mit hypophysenbedingten Störungen fehlten bislang aussagekräftige Langzeitdaten, wie es in der neuen Studie heißt.
Wer wurde untersucht?
Das Forschungsteam analysierte 408 Männer mit Hypophysentumoren über einen Zeitraum von durchschnittlich acht Jahren. Die Daten wurden aus dem kanadischen Halifax Neuropituitary Registry erhoben und liefern die bislang längste Beobachtungsdauer zu diesem Thema.
Die Patienten wurden in drei Gruppen eingeteilt:
- Gruppe 1: 150 Männer ohne Testosteronmangel
- Gruppe 2: 214 Männer mit Testosteronmangel + Testosteronersatztherapie (TRT)
- Gruppe 3: 44 Männer mit Testosteronmangel ohne TRT
Was wurde gemessen?
Die Forschenden untersuchten in ihrer Studie das Auftreten schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse bei den Männern, die eine Testosteronbehandlung erhielten, darunter:
- nicht tödlicher Herzinfarkt,
- nicht tödlicher Schlaganfall,
- herzbedingter Tod sowie
- Herzkranzgefäß-Interventionen ohne Herzinfarkt.
Zentrale Ergebnisse der Studie
- Kein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko durch Testosterontherapie: Es gab keinen signifikanten Unterschied im Auftreten schwerer Herz-Kreislauf-Ereignisse zwischen Männern ohne Testosteronmangel und jenen, die eine Testosterontherapie erhielten. Stattdessen zeigte sich sogar ein signifikant niedrigeres Risiko in der behandelten Gruppe.
- Unbehandelter Testosteronmangel stellt ein Risiko dar: In der Gruppe der nicht behandelten Patienten kam es hingegen häufiger zu Todesfällen, sowohl herzbezogen als auch insgesamt. Jedoch waren diese Männer meist auch älter und hatten mehr Vorerkrankungen. Daher lehnten diese eine Testosterontherapie häufiger aus Bedenken ab, wie es in der Studie heißt.
Welche Bedeutung haben diese Ergebnisse?
Die Autoren betonen, dass dies die erste Studie sei, welche die kardiovaskuläre Sicherheit einer Testosterontherapie bei Männern mit hypophysenbedingtem Testosteronmangel über einen langen Zeitraum nachweisen konnte. Die Ergebnisse stellen die bislang bestehenden Sicherheitsbedenken in diesem spezifischen Patientenkollektiv somit infrage.
Fazit für Patienten
Für Männer mit sekundärem (hypophysenbedingtem) Testosteronmangel bedeutet diese Studie:
- Die Testosterontherapie erhöht das Herz-Kreislauf-Risiko nicht.
- Eine Nichtbehandlung kann hingegen nachteilige Folgen haben.
- Eine individuelle ärztliche Beratung beim Urologen oder Andrologen bleibt unerlässlich.
Weiterführende Informationen
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Quelle
Munro V et al., Secondary Hypogonadism and Effects of Testosterone Replacement Therapy on Cardiovascular Events. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2025: dgaf631
