Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnt vor dem zunehmenden Missbrauch von Ketamin als Freizeitdroge, und auch Urologinnen und Urologen sehen dringenden Aufklärungsbedarf, denn der anhaltende Konsum der vermeintlich harmlosen Substanz kann vor allem auch die Harnblase erheblich schädigen. Experten sprechen deshalb von der sogenannten Ketaminblase. Hier erfahren Sie verständlich erklärt, welche akuten und langfristigen Folgen der Ketamin-Missbrauch haben kann und warum die Substanz so gefährlich für die Blase ist.

Was genau ist Ketamin?

Ketamin ist ein in den USA in den 1960er Jahren im Labor hergestellter Wirkstoff und wird heute als Narkose- und Schmerzmittel vor allem in der Notfallmedizin und zur Notfallbehandlung schwerer Depressionen unter strenger ärztlicher Kontrolle eingesetzt. In der Partyszene ist Ketamin bereits seit den 1990er Jahren auch in Deutschland bekannt und wird inzwischen zunehmend häufig missbräuchlich konsumiert – überwiegend als weißes Pulver geschnupft.

Warum ist Ketamin in der Öffentlichkeit heute so bekannt?

Da in den Medien zuletzt immer wieder über Ketamin-Missbrauch in Zusammenhang mit prominenten Namen berichtet wurde, hat der Wirkstoff inzwischen eine breite Bekanntheit erlangt. Häufige Bezeichnungen lauten Special K, Kate oder Vitamin K.
Ketamin wird – auch wegen seiner medizinischen Verwendung – fälschlicherweise häufig als harmlos eingeschätzt. Tatsächlich kann der Missbrauch eine starke psychische Abhängigkeit verursachen und birgt erhebliche akute und langfristige Risiken für die Gesundheit.

Akute Folgen des Ketamin-Missbrauchs

Die Droge hat mit steigender Dosierung eine sogenannte dissoziative Wirkung. In diesem Zustand fühlen sich Konsumenten innerlich „gespalten“ oder von der Realität, dem eigenen Körper oder den eigenen Gefühlen abgekoppelt und werden zum Beobachter des eigenen Lebens. Als unmittelbare Folge des Ketamin-Missbrauchs sind zudem psychische Effekte wie Halluzinationen, Angstzustände, Panikattacken oder Nahtoderlebnisse möglich.

Zu den akuten körperlichen Auswirkungen zählen u.a. eine eingeschränkte Schmerzwahrnehmung und Bewegungskoordination, wodurch ein hohes Risiko für Selbstverletzungen oder Unfälle besteht. Auch können Übelkeit, Erbrechen, Sprachstörungen, erhöhter Blutdruck und Herzrhythmusstörungen auftreten.

Langzeitfolgen des Ketamin-Konsums

Wiederholter Gebrauch von Ketamin kann zu erheblichen Langzeitschäden führen. Eine der häufigsten und schwerwiegendsten Folgen ist die Schädigung der Harnblase, weshalb Urologen dringend vor dem Konsum der vermeintlich ungefährlichen Freizeitdroge warnen.
Bei langfristigem Konsum drohen darüber hinaus Veränderungen in der Gehirnstruktur, insbesondere in Bereichen, die für Gedächtnis, Lernprozesse und Wahrnehmung wichtig sind.
Auch psychische Störungen wie Depressionen und Psychosen zählen zu den Langzeitfolgen des Ketamin-Konsums.

Symptome der „Ketaminblase“

Eine aktuelle britische Studie ¹ unterstreicht die Häufigkeit der urologischen Folgeerkrankung: So berichteten 60% der 274 in der Erhebung befragten Konsumenten von Blasenproblemen. Sie entstehen, weil das konsumierte Ketamin über die Nieren in die Harnblase gelangt und dort die oberste Zellschicht der Blaseninnenwand schädigt.

Experten sprechen dann von der sogenannten Ketaminblase oder verwenden den medizinischen Begriff der Ketamin-induzierten Uropathie. Zu den typischen Symptomen gehören sehr häufige Toilettengänge, ständiger Harndrang, kleine Urinmengen sowie Schmerzen oder Blut im Urin. In Gewebeproben aus der Blase finden sich ausgeprägte Entzündungen.

Behandlung der Ketamin-induzierten Uropathie

Behandelt wird die Erkrankung zunächst mit Medikamenten wie Schmerzmitteln, entzündungshemmenden Arzneimitteln oder einer Blaseninstallation, bei der eine flüssige Medikamentenlösung über einen dünnen Katheter direkt in die Harnblase geleitet wird.

In einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann sich die Blase stark verkleinern, Urin kann in die Harnleiter zurückstauen und die Nieren schädigen. Dann sind häufig wiederherstellende, sogenannte rekonstruktive, Operationen erforderlich, um die Blase zu vergrößern. Auch die operative Entfernung der Harnblase mit künstlicher Harnableitung kann notwendig sein. In einer New Yorker Übersichts-Studie ² aus dem Jahr 2023, die Daten von 875 Patienten mit Ketamin-Uropathie anaylsierte, betrug der Anteil der derjenigen, die sich operieren lassen mussten 22 Prozent

US-Studie zeigt: Behandlung wirkt nur bei Ketamin-Abstinenz

Die Autoren betonen, dass die durch Ketamin ausgelöste Uropathie eine rasch fortschreitende, schwerwiegende Erkrankung ist, die vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene betrifft. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist den Wissenschaftlern zufolge der unbedingte Verzicht auf Ketamin – das geltesowohl für die medikamentöse als auch für die operative Therapie.

Fazit

Ketamin ist absolut keine harmlose Partydroge. Der Wirkstoff birgt große Risiken für die Gesundheit und kann u.a. die Blase schwer und dauerhaft schädigen. Wer regelmäßig Ketamin konsumiert oder bereits Symptome einer Ketaminblase bemerkt, sollte unbedingt ärztliche Hilfe suchen. Wichtigster Schritt für eine erfolgreiche Behandlung ist die Ketamin-Abstinenz.

Bundesweite Beratungsangebote und Information, auch zu Partydrogen, finden Betroffene und Interessierte unter folgendem Link:
https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/service/beratungsangebote/

Quellen:
1. Rebecca E. Harding et al. The landscape of ketamine use disorder: Patient experiences and perspectives on current treatment options
2. Vizgan G et al. Ketamine-induced uropathy: A narrative systemic review of surgical outcomes of reconstructive surgery.

 

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